In Frankreich hat die umstrittene Rentenreform das Parlament erreicht: Nach mehr als zehnwöchigen Protesten nahm die Nationalversammlung am Montag die Beratungen über den Gesetzestext auf.
Rassemblement National
Abgeordnete der Nationalversammlung in Paris. (Archivbild) - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr als 40.000 Änderungsanträge - Pariser Metro erneut bestreikt.
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Dazu liegen 41.000 Änderungsanträge vor - mit Abstand die höchste Zahl in der laufenden Legislaturperiode. Dennoch dringt die Regierung von Präsident Emmanuel Macron auf eine Verabschiedung bis zur Sommerpause.

Die meisten der Änderungsanträge stammen aus dem linksgerichteten politischen Lager, das die Pläne von Macron durchkreuzen will. Alleine 23.000 Anträge hat die Linkspartei La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich) eingereicht, weitere 13.000 die Kommunisten. Beide Parteien wollen eine Absage der Rentenreform erreichen.

Rund 600 Änderungsanträge kommen aus Macrons eigener Partei La République en Marche (Die Republik in Bewegung, LREM). Macron hatte seine Anhänger zuvor zur «Geschlossenheit» aufgerufen und sie aufgefordert, «die Schlacht um die Rente zu gewinnen». Die Präsidentenpartei und die verbündeten Liberalen haben im Parlament eine absolute Mehrheit.

Parlamentspräsident Richard Ferrand schlug hundert Stunden Debatte über drei Wochen vor, um die riesige Zahl von Anträgen bewältigen zu können. Die Fraktionsvorsitzenden lehnten dies jedoch ab. Damit bleibt es vorerst bei rund zweiwöchigen Beratungen.

Präsident Macron dringt auf den Abschluss der ersten Lesung vor den Kommunalwahlen Mitte März und eine Verabschiedung der Reform vor der Sommerpause. Sollten die Beratungen ins Stocken geraten, könnte die Regierung theoretisch den umstrittenen Artikel 49.3 der Verfassung nutzen und den Gesetzestext ohne Parlamentsbeschluss in Kraft setzen.

Der dem Präsidenten nahe stehende Arbeitgeberverband Medef kritisierte den Zeitplan als «nicht haltbar». Seine Vertreter beraten bis April mit den Gewerkschaften über Alternativen zur Vollrente mit 64. Die Regierung hatte diesen besonders umstrittenen Teil der Reform vorerst zurückgezogen. Sollten sich die Sozialpartner nicht auf eine alternative Finanzierung für die Reform einigen, soll die Rente mit 64 per Verordnung kommen.

Präsident Macron will die mehr als 40 verschiedenen Rentensysteme des Landes vereinheitlichen und das Milliarden-Defizit der Rentenkassen abbauen. Die Gewerkschaften fürchten massive Einbussen für viele Ruheständler.

Erschwert wird die Lage für die Regierung dadurch, dass mit ihrem Abgeordneten Olivier Véran einer der Hauptberichterstatter für die Reform kurzfristig zum Gesundheitsminister ernannt wurde. Er folgt Agnès Buzyn nach, die für die Präsidentenpartei als Bürgermeisterkandidatin in Paris antritt. Macrons Wunschkandidat, der frühere Regierungssprecher Benjamin Griveaux, war am Freitag über eine Sexvideo-Affäre gestürzt.

Aus Protest gegen die Rentenreform legten Mitarbeiter der Pariser Metro erneut die Arbeit nieder. Rund die Hälfte der Linien verkehrte am Montag nur in eingeschränktem Takt. Bis zum 20. Januar hatte ein mehr als sechswöchiger Streik weite Teile des Pariser Nahverkehrs lahmgelegt, auch zahlreiche Zugverbindungen in Frankreich fielen aus. Dann ging den Streikenden das Geld aus. Für Donnerstag sind neue landesweite Proteste angekündigt.

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