Frauenberufe besonders von Corona betroffen
Im Schnitt verdienen Frauen seit Langem weniger als Männer. Und nachdem die Pandemie immer mehr Bereiche lahmlegt, sind die Folgen auf dem Jobmarkt zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt nach wie vor deutlich weniger als Männer.
So lag das mittlere Entgelt bei Frauen in Vollzeit zuletzt bei 3117 Euro brutto im Monat - bei Männern waren es 3560 Euro. Das zeigen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA), die die BA für die Linke im Bundestag anlässlich des Frauentags am 8. März zusammengestellt hat.
Sie zeigen den Stand von Ende 2019. Der Niedriglohnanteil betrug bei den Männern 15,5, bei Frauen hingegen 25,8 Prozent. In einigen Branchen sind die Unterschiede besonders gross. Im Bereich von Kunst, Unterhaltung und sonstigen Dienstleistungen lag das sogenannte Medianentgelt von Frauen um 23,77 Prozent niedriger als das der Männer - Frauen kamen hier auf 2619 Euro, Männer auf 3436 Euro. Ein besonders deutlicher Abstand in absoluten Zahlen lag bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen vor - mit 4336 Euro hatten Frauen hier im Schnitt 1314 Euro weniger.
Frauen droht in der Corona-Krise eher Arbeitsplatzverlust
In der dann folgenden Corona-Pandemie erhöhte sich der Zugang in Arbeitslosigkeit bei Frauen stärker als bei Männern, im Zeitraum von Februar 2020 bis Januar 2021 bei Frauen um 5,7 Prozent, bei Männern um 1,8 Prozent. Teilweise mussten überwiegend Frauen den Gang in die Arbeitslosigkeit antreten, etwa im Bereich «Kunst, Unterhaltung, sonstige Dienstleistungen, private Haushalte». Hier waren von 99.684 Zugängen 59.884 Frauen. Im Gesundheits- und Sozialwesen waren es 155.004 Frauen - von 199.898 Zugängen insgesamt.
Mitte 2020 übten 4,1 Millionen Frauen und 2,9 Millionen Männer einen Minijob aus. Die Linken-Abgeordneten Sabine Zimmermann sagte der dpa: «Frauen sind am Arbeitsmarkt nach wie vor benachteiligt, da hilft kein Schönreden und Relativieren.» Die Bundesregierung solle Regeln für gleiches Geld für gleichwertige Arbeit schaffen. «Generell müssen endlich alte Rollenbilder aufgebrochen werden, die auch dafür sorgen, dass es typische, oft schlecht entlohnte Frauenberufe und besser bezahlte, typische Männerberufe gibt», mahnte Zimmermann.
Besonderes Augenmerk legte Zimmermann auf Minijobs, die weit häufiger von den Frauen ausgeübt werden. In der Debatte über den Arbeitsmarkt gelten sie oft als willkommene Möglichkeit gerade für Frauen, etwas dazuzuverdienen. Zimmermann sagte: «Minijobs sind mangels Alternativen in vielen Fällen erzwungene Teilzeitarbeit.» Häufig seien sie eine Armutsfalle für Frauen - geringe Rentenansprüche seien die Folge. Mangels besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssten immer noch viele Frauen zwischen Job und Kind entscheiden.
Frauenberufe jetzt besonders erschwert
Die Corona-Pandemie führt besonders in solchen Berufen zu Problemen, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden. Darauf hat das Statistische Bundesamt hingewiesen.
Hohe Infektionsrisiken und Dauerbelastung träfen beispielsweise den Einzelhandel (Frauenanteil 80,8 Prozent), die Altenpflege (84,2 Prozent) sowie den Bereich Erziehung und Sozialarbeit (83,5 Prozent). Unter den Krisenbranchen ragen das Gastgewerbe (64,6 Prozent) sowie die über Monate geschlossenen Friseur- und Kosmetiksalons (86,5 Prozent) beim Frauenanteil heraus.
Erwerbstätige Mütter müssen zudem den Spagat zwischen Arbeit und Kindererziehung bewältigen. Nach den Erhebungen aus dem Jahr 2019 sind rund 75 Prozent der Frauen mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren erwerbstätig. Bei den Vätern ist der Anteil mit 92,9 Prozent noch deutlich höher. Sie arbeiten auch wesentlich seltener in Teilzeit (6,4 Prozent) als die Mütter (66,2 Prozent) und tragen damit mutmasslich weniger zur Kinderbetreuung bei.
Auch von den alleinerziehenden Müttern (86,9 Prozent sämtlicher Alleinerziehender) sind drei Viertel erwerbstätig. Hier sind Vollzeitjobs mit einem Anteil von 40 Prozent etwas häufiger als bei Frauen, die in Paarfamilien leben. Hier geht nur ein knappes Drittel (32 Prozent) einem Beruf in Vollzeit nach.
Verliererinnen auf dem Arbeitsmarkt
Frauen mit Schwerbehinderungen sind nach einer aktuellen Studie der Aktion Mensch die Verliererinnen auf dem Arbeitsmarkt. Wegen ihrer Behinderung und ihres Geschlecht seien sie gleich doppelt von Diskriminierung betroffen, fasste die Hilfsorganisation das Ergebnis ihrer am Montag veröffentlichten Studie zur «Situation von Frauen mit Schwerbehinderung am Arbeitsmarkt» zusammen. «Im Vergleich zu Frauen ohne Behinderung sowie Männern mit und ohne Behinderung bilden sie das Schlusslicht bei Gehalt, Vollzeit- und Führungspositionen», sagte Christina Marx von der Aktion Mensch.
Die Aktion Mensch hatte in der zum Weltfrauentag veröffentlichten Studie nach eigenen Angaben erstmals systematisch die Erwerbssituation von Frauen mit und ohne Schwerbehinderung im Verhältnis zu Männern mit und ohne Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verglichen.
Frauen mit Behinderung erhalten der Untersuchung zufolge für ihre berufliche Tätigkeit im Vergleich der vier Gruppen die niedrigste Entlohnung. Sie schneiden nicht nur schlechter ab als nicht behinderte Männer und Frauen, sondern auch als behinderte Männer. Im Durchschnitt verdienen weibliche Erwerbstätige mit Behinderung demnach 667 Euro weniger pro Monat als ihre männlichen Pendants.
Zudem fühlen sich Frauen mit Behinderung so sehr wie keine andere Gruppe von Aufstieg, Führung und freier beruflicher Gestaltung ferngehalten. Gerade einmal jede Zehnte - der niedrigste Wert im Gruppenvergleich - arbeitete in einer leitenden Position.
Spirale der Benachteiligung
Dabei zeigte die Studie, dass die Situation von Frauen mit einer angeborenen Behinderung sogar noch schlechter war, als die derjenigen, die ihre Behinderung erst im Laufe des Lebens erwarben. «Wer ohne eine Behinderung gross wurde und erst später im Berufsleben eine Behinderung erwarb, profitiert häufig bereits von einem höheren Ansehen und Selbstbewusstsein im Job», sagte Marx. Dagegen befänden sich viele Frauen mit angeborener Behinderung vom Schulalter an in einer «Spirale der Benachteiligung» und hätten es beispielsweise schwer, ein formal hohes Bildungsniveau zu erlangen.
Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen mit Behinderung beklagte eine hohe persönliche Stressbelastung - hervorgerufen nicht zuletzt durch den zunehmenden Konkurrenz- und Leistungsdruck und die Angst, den errungenen Arbeitsplatz wieder zu verlieren. «Im öffentlichen Sektor oder im sozialen Bereich ist die Situation für Frauen mit Schwerbehinderung im Allgemeinen besser, in der freien Wirtschaft ein Kampf ums berufliche Überleben», heisst es in der Untersuchung.
Für eine gerechtere Teilhabe der Arbeitnehmerinnen mit Behinderung am Erwerbsleben sei ein Kultur- und Bewusstseinswandel erforderlich, betonte Marx. «Wir brauchen einen Arbeitsmarkt, der die individuellen Stärken und Qualifikationen von Bewerberinnen und Bewerbern sieht und sich Inklusion und Gendergerechtigkeit zur Maxime macht.»