«Gelbwesten»-Demos an bestimmten Orten in Paris verboten
Das Wichtigste in Kürze
- Frankreich will mit Demonstrationsverboten eine erneute Eskalation der Gewalt bei «Gelbwesten»-Protesten verhindern.
Der neue Pariser Polizeipräsident Didier Lallement untersagte an bestimmten Orten in Paris Proteste am Samstag.
Dazu zählten der Prachtboulevard Champs-Elysées und die angrenzenden Strassen, der Place de l'Etoile mit dem Triumphbogen, die Gegend um den Élyséepalast und die Nationalversammlung, hiess es am Freitag in einer Mitteilung der Polizeipräfektur. Auch in anderen Städten in Frankreich wurden Verbote verhängt. Gleichzeitig wird in Frankreich über den Einsatz von Soldaten einer eigentlich zur Terror-Abwehr gedachten Mission bei den Protesten gestritten.
Die Behörden begründeten das Verbot mit den Krawallen bei früheren Demonstrationen. Die öffentliche Ordnung sei gefährdet. Ebenfalls verboten seien Pyrotechnik, Gefahrstoffe, Waffen sowie Gegenstände, die dazu bestimmt sind, das Gesicht ganz oder teilweise zu verbergen, wenn es keinen legitimen Grund gebe, sie bei sich zu tragen.
In Paris war es während der Proteste immer wieder zu massiven Ausschreitungen gekommen - zuletzt am vergangenen Wochenende. Läden und Restaurants auf dem Boulevard Champs-Élysées wurden verwüstet und geplündert, Autos und andere Gegenstände angezündet.
Premierminister Édouard Philippe hatte nach der neuerlichen Eskalation der Gewalt bereits angekündigt, «Gelbwesten»-Proteste wenn nötig unter bestimmten Bedingungen zu verbieten. Das sei etwa der Fall, wenn sich extreme Gewalt abzeichne. Der Pariser Polizeipräsident Michel Delpuech musste nach den Krawallen seinen Hut nehmen.
Auch die Behörden in Toulouse haben «Gelbwesten»-Demonstrationen auf einem zentralen Platz verboten. Damit reagiere die zuständige Präfektur auf eine in sozialen Netzwerken angekündigte und nicht angemeldete Demonstration auf dem Place du Capitole in der südfranzösischen Stadt, teilte sie mit. Das Verbot gelte am Samstag zwischen 12 und 21 Uhr. Verstösse würden mit einer Geldstrafe geahndet.
Auch in Nizza soll es mit Blick auf den Staatsbesuch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in einigen Bereichen der Stadt Demonstrationsverbote geben. Xi und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron wollen mit ihren Ehefrauen am Sonntagabend an der Côte-d'Azur in der Nähe von Nizza zu Abend essen. «Gelbwesten» hatten daraufhin dazu aufgerufen, in der Hafenstadt zu protestieren.
In Frankreich gibt es unterdessen eine heftige Debatte über den Einsatz von Soldaten einer eigentlich zur Terror-Abwehr gedachten Mission bei den Protesten am Wochenende. Die Regierung hatte Anfang der Woche angekündigt, die Soldaten aus dem «Sentinelle» genannten Einsatz zum Schutz bestimmter Orte und Gebäude einzusetzen. Die Mission nahm nach dem islamistischen Anschlag auf das Satiremagazin «Charlie Hebdo» im Januar 2015 ihre Arbeit auf und überwacht seitdem sensible Orte wie Bahnhöfe, Museen oder Flughäfen.
Präsident Macron betonte, die Soldaten seien nicht dafür zuständig, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Sie sollten lediglich die Polizei entlasten. Ähnlich äusserte sich Verteidigungsministerin Florence Parly: Sie versicherte, dass sich die Soldaten nicht unter die Demonstranten mischen würden. «Ihre Mission ist die Bekämpfung des Terrorismus, nicht die Wiederherstellung von Recht und Ordnung», sagte sie der Zeitung «Le Parisien». Die Soldaten sollen laut Parly Gebäude und öffentliche Plätze schützen. «Es ist daher die Idee von niemandem, das Militär vor die Demonstranten zu stellen.» Aussenminister Jean-Yves Le Drian erinnerte daran, dass die Soldaten etwa auch bei der Fussball-Europameisterschaft 2016 eingesetzt wurden.
Das Vorhaben wird in Frankreich parteiübergreifend kritisiert. «Wenn wir das Militär mit der Verantwortung für die Sicherheit der Gebäude vor den Demonstranten betrauen, was ist dann der nächste Schritt? Schiessen sie?», fragte Linksaussen-Politiker Jean-Luc Mélenchon. Polizeiaufgaben seien keine Militär-Aufgaben - die Franzosen dürften sich nicht einschüchtern lassen. Rechtspopulistin Marine Le Pen zeigte sich schockiert. «Man stellt die Armee nicht vor das französische Volk», erklärte sie.
Der Protest am Wochenende dürfte auch eine Bewährungsprobe für Frankreichs Innenminister Christophe Castaner sein. Eine grosse Mehrheit der Franzosen (76 Prozent) hat einer aktuellen Umfrage zufolge kein Vertrauen in den Minister, wenn es darum geht, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen und Gewaltausschreitungen künftig zu verhindern. Im Laufe der Woche hatten zahlreiche Oppositionspolitiker seinen Rücktritt gefordert.
Die «Gelbwesten»-Bewegung demonstriert sei Mitte November vergangenen Jahres. Die Proteste haben Macron in eine schwere Krise gestürzt. In den vergangenen Wochen hatte die Bewegung jedoch an Zulauf verloren. Ihr Ärger hatte sich an der geplanten Erhöhung der Spritpreise entzündet, wurde dann aber viel weitgehender. Die «Gelbwesten» errichteten Strassensperren und gingen - häufig auch ganz friedlich - gegen die von ihnen als zu niedrig empfundene Kaufkraft und Steuer-Ungerechtigkeit auf die Strasse.