Grenzöffnung mit EU: Das will Erdogan bezwecken
Das Wichtigste in Kürze
- Die Lage an der türkisch-griechischen Grenze ist seit Ende Februar angespannt.
- Mit der Grenzöffnung will Erdogan in mehreren Punkten Druck auf die EU ausüben.
- Zu seinem Nachteil hält Griechenland den Flüchtlingsstrom bisher erfolgreich zurück.
Die Situation an der türkisch-griechischen Grenze ist seit der Grenzöffnung der Türkei Ende Februar angespannt. Seit diesem Entscheid des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind Tausende Migranten an die Grenze zu Griechenland gezogen.
Doch die Griechen schotten sich mithilfe der EU bisher erfolgreich gegen den Flüchtlingsstrom ab. Für einen Monat setzt Griechenland das Asylrecht aus, es werden vorerst keine Anträge angenommen.
Mit allen Mitteln wird den Flüchtlingen der Durchgang versperrt. Um sie zurückzudrängen hat das griechische Militär mehrfach Tränengas und Blendgranaten eingesetzt. Gleichzeitig tut die Türkei alles dafür, dass das Nachbarland diese Menschen nicht zurück in die Türkei drängt. Deshalb wurden letzte Woche 1000 Spezialkräfte an die Grenze geschickt.
Die EU wirft Erdogan vor, so gegen das gemeinsame Flüchtlingsabkommen zu verstossen. Zudem wolle er damit die Union erpressen. Heute Montag trifft sich der türkische Präsident nun mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel, um darüber zu sprechen.
Erdogan ist mit dem Flüchtlingsabkommen von 2016 unzufrieden
Erdogan droht bereits seit Jahren mit der Grenzöffnung für Flüchtlinge. Warum hat er diese Drohung ausgerechnet jetzt umgesetzt?
Grundsätzlich geht es ihm darum, Druck auf die EU im Bezug zur Flüchtlingspolitik und zu Syrien auszuüben. 2016 schloss die Türkei ein Flüchtlingsabkommen mit der EU. Dieses sah vor, dass die Türken syrische Flüchtlinge an der Überfahrt nach Griechenland hindern. Im Gegenzug sollte das Land von der Union sechs Milliarden Euro erhalten.
Dadurch hat die Türkei in den vergangenen Jahren 3,6 Millionen Syrer bei sich aufgenommen. Nun wirft Erdogan Brüssel vor, das versprochene Geld nur zögerlich auszuzahlen. Zudem halte die EU politische Zusagen nicht ein: Die Union habe beim Abkommen 2016 den Türken Visafreiheit versprochen.
Mit dem Flüchtlingsstrom als Druckmittel möchte er ebendiese Visafreiheit für türkische Reisende in Europa und eine Beteiligung der EU am Bau von Unterkünften für Flüchtlinge in Nordsyrien erzwingen. Wünschenswert aus wirtschaftlicher Sicht wäre zudem eine Erweiterung der Zollunion mit der EU.
Kommen sich EU und die Türkei entgegen?
Doch dank des Widerstands der Griechen an der Grenze ist seine Erpressungstaktik nur teilweise aufgegangen. Immerhin kommt es heute Abend zu Gesprächen.
Die EU andererseits hat kein Interesse diese Flüchtlinge aufzunehmen. Auch ein eigenes Engagement im Syrien-Konflikt steht nicht zur Diskussion. Sollte die EU ohne Zugeständnisse auf dem Deal von 2016 beharren, werden die beiden Parteien also auf keinen grünen Zweig kommen. Ein gegenseitiges Entgegenkommen heute wäre wünschenswert.
Gerade in Zeiten, in denen das türkische Bündnis mit Russland in Syrien auf wackeligen Beinen steht, kann Erdogan die Unterstützung der EU gut gebrauchen. Brüssel könnte im Gegenzug wegen der Flüchtlinge versuchen, aktiver an einer Lösung im Syrien-Konflikt mitzuarbeiten.