Imamoglu: Türkei unter Erdogan in «Republik der Angst» verwandelt
Der abgesetzte Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu hat das Regime von Präsident Erdogan kritisiert. Der 53-Jährige wird zurzeit im Gefängnis festgehalten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach Ansicht des inhaftierten und abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu die Türkei in eine «Republik der Angst» verwandelt.
«Jahrelang hat Erdogans Regime die demokratischen Kontrollmechanismen ausgehebelt, indem es die Medien zum Schweigen brachte, gewählte Bürgermeister durch Bürokraten ersetzte, die Legislative ausschaltete, die Justiz kontrollierte und Wahlen manipulierte», schrieb Imamoglu in einem Gastbeitrag bei der «New York Times».
Der 53-Jährige wird zurzeit im bekannten Marmara-Gefängnis in Silivri nahe Istanbul festgehalten. Vergangene Woche wurde der beliebte Oppositionspolitiker nach Korruptions- und Terrorvorwürfen verhaftet und als Istanbuler Bürgermeister abgesetzt. Seine Festnahme löste eine Protestwelle mit Zehntausenden Menschen im gesamten Land aus.
Gewaltsame Unterdrückung von Protesten
Die Polizei ging teils brutal gegen Demonstrierende vor. Laut dem türkischen Innenministerium wurden seit Beginn der Proteste fast 1900 Menschen vorübergehend festgenommen, unter ihnen mehrere Journalisten. «Die massenhaften Verhaftungen von Demonstranten und Journalisten in den letzten Monaten haben eine abschreckende Botschaft vermittelt: Niemand ist sicher», schrieb Imamoglu.
«Unter Erdogan hat sich die Republik in eine Republik der Angst verwandelt.» Doch die Menschen in der Türkei reagieren mit Widerstand. «Das Zeitalter der unkontrollierten Machthaber verlangt, dass diejenigen, die an die Demokratie glauben, genauso lautstark, energisch und unnachgiebig sind wie ihre Gegner», so Imamoglu.
Der Oppositionspolitiker kritisierte dabei auch einen Mangel an Anteilnahme aus dem Ausland: «Aber die Zentralregierungen in aller Welt? Ihr Schweigen ist ohrenbetäubend.» Washington äussere sich lediglich «besorgt über die jüngsten Verhaftungen und Proteste» in der Türkei, so Imamoglu. «Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haben die europäischen Staats- und Regierungschefs nicht mit Nachdruck reagiert.»