Immer mehr Bakterien: So verändert Nord-Stream-Anschlag die Ostsee
Ein Forschungsteam aus Schweden hat Untersuchungen am Ort des Nord-Stream-Methanlecks vorgenommen. Das Ergebnis: Der Anschlag hat Auswirkungen auf Bakterien.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Ostsee ist es im September 2022 zu einem Methanleck gekommen.
- Forschende aus Schweden haben vor Ort Untersuchungen gemacht.
- Sie haben erste Erkenntnisse zu den Auswirkungen auf die Natur gewonnen.
Im September 2022 wurden die Nord-Stream-Pipelines nahe der dänischen Insel Bornholm mit vier Sprengungen zerstört. Aufgrund des Methanlecks strömte dort Erdgas aus.
Nun hat sich ein Team von Wissenschaftlern der Universität Göteborg dorthin begeben, um Untersuchungen vorzunehmen. Dort haben sie spannende Entdeckungen gemacht.
Katarina Abrahamsson, Professorin für Meereschemie an der Universität, erinnert sich gegenüber der «Bild»: «Dank glücklicher Umstände konnten wir in weniger als einer Woche eine Expedition zum Ort des Lecks organisieren.»
Nach eingehenden Messungen schätzen die Forscher, dass zwischen 10'000 und 50'000 Tonnen Methan im Meer verblieben sind. Das entspricht etwa 27 bis 86 Prozent des insgesamt freigesetzten Gases. Dieses Methan verteilte sich im Wasser und wurde teilweise von Bakterien aufgenommen.
Da Methan auch natürlich im Meer vorkommt, mussten die Wissenschaftler seine Zusammensetzung prüfen. «Wir konnten das aus dem Nord-Stream-Leck stammende Methan von dem natürlich im Wasser vorhandenen Methan unterscheiden», erklärt Abrahamsson weiter.
Mögliche Auswirkungen auf das marine Leben
Bislang können die Forscher keine konkreten Auswirkungen auf das Leben in der Ostsee benennen – ihre Untersuchungen laufen noch immer. Sie stellten jedoch fest, dass die Bakterienaktivität im betroffenen Gebiet drei Monate nach der ersten Expedition sehr hoch war.
Diese Bakterien spielen eine wichtige Rolle im marinen Ökosystem, da sie abgestorbene Algen abbauen. So entziehen sie Sauerstoff aus ihrer Umgebung. Wenn der Sauerstoffgehalt so niedrig wird, dass kaum noch Leben möglich ist, vermehren sich Mikroorganismen, die keinen Sauerstoff benötigen.
Stattdessen produzieren diese Organismen Schwefelwasserstoff und schaffen so «Todeszonen», in denen höheres Leben am Meeresgrund nicht mehr möglich ist. In den letzten 100 Jahren haben sich solche Todeszonen in der Ostsee verzehnfacht.
Die Wissenschaftler sind sich einig: Die Auswirkungen des Nord-Stream-Methanlecks sind erheblich und bedürfen dringender weiterer Untersuchungen.