Impfungen: Was für Unterschiede gibt es?
Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Impfkampagne in der Corona-Pandemie geht es zunächst vor allem darum, schwere Erkrankungen, Krankenhauseinweisungen und Todesfälle zu verhindern.
Das gelinge mit allen drei bisher in Deutschland zugelassenen Vakzinen, betont der Erlanger Infektionsimmunologe Christian Bogdan als Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut. Es gibt viele Fragen rund ums Impfen - auch zum Vergleich mit schon länger verwendeten Vakzinen. Eine Auswahl:
Der exakte Prozentwert der Wirksamkeit sei für das Impfziel in der Pandemie nicht entscheidend, betont Experte Bogdan. Trotz unterschiedlicher Impfstofftechnologien lösten alle drei Vakzine letztlich eine Immunantwort gegen die gleiche Viruskomponente, das sogenannte Stachel- oder Spikeprotein der Virushülle, aus. «Mit zwölf Wochen Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung kommen wir auch beim Astrazeneca-Impfstoff auf 80 Prozent Wirksamkeit», sagt Bogdan. Die Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna geben die Wirksamkeit ihrer Covid-19-mRNA-Impfstoffe mit über 90 Prozent an.
Neueste vergleichende Analysen deuteten darauf hin, dass der Impfstoff von Astrazeneca genauso wirksam Krankenhauseinweisungen verhindert, erläutert der Wissenschaftler. Zu bedenken sei, dass alle drei Impfstoffe bisher weder in einer gemeinsamen Studie miteinander verglichen noch in ein und derselben Population untersucht wurden. «Im Falle des Astrazeneca-Impfstoffs bestand die Zulassungsstudie aus vier Teilstudien, die in drei verschiedenen Ländern auf drei verschiedenen Kontinenten mit ungleich verteilten Altersgruppen durchgeführt wurden, was die Dateninterpretation nicht gerade vereinfachte.»
«Die bisherigen Corona-Impfstoffe gehören wie die meisten Grippe-Impfstoffe zur Gruppe der Totimpfstoffe», so Bogdan. Die Benutzung von Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) als Impfstoff sei aber ein neues Prinzip, bei dem die mRNA als Bauanleitung für die Viruskomponente direkt in den Zellen wirke und dort zunächst als fremd erkannt werde. «Rezeptoren bemerken das. Und das führt zu der initialen Impfreaktion. Danach wird dann sehr wirksam eine Antikörper- und eine T-Zell-Immunantwort gegen die Viruskomponente aufgebaut.» Die neuen Impfstoffe seien einerseits sehr potent, das heisst, sie lösten eine sehr starke Immunantwort aus. Andererseits seien sie sehr reaktogen, das heisst, es gebe vorübergehende Nebenwirkungen in Form von Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopf- und Muskelschmerzen sowie eventuell Fieberreaktionen. «Diese Impfreaktionen sind deutlich stärker als bei einer Grippeimpfung.»
Grippeimpfstoffe seien Totimpfstoffe, die aus Virusfragmenten bestünden, erläutert Bogdan. Der Grippeschutz erreiche selten mehr als eine Wirksamkeit von 60 Prozent - manchmal deutlich weniger. «Diese Variabilität in der Wirksamkeit kommt aber nicht dadurch zustande, dass der Impfstoff grundsätzlich eine geringe Immunantwort auslöst», sagt Bogdan. Vielmehr liege das daran, dass zum Zeitpunkt der Impfstoff-Herstellung nur aufgrund von stichprobenartigen Erhebungen vermutet werden könne, mit welchen Influenzaviren in der jeweils kommenden Wintersaison zu rechnen sei. Die Zusammensetzung der Impfstoffe beruhe deshalb auf Analysen im Vorfeld. «Wenn sich die zirkulierenden Influenzaviren aber in der Zwischenzeit verändern oder Virustypen auftreten, mit denen nicht gerechnet wurde, dann ist die Schutzwirkung des jeweiligen Impfstoffs geringer.»
Der Masernimpfstoff sei so unglaublich erfolgreich, weil er ein lebendes Virus enthalte, sagt Bogdan. «Es kann sich vermehren, aber es hat durch vorherige Passagen in Zellkulturen an krankmachender Wirkung verloren.» Nach einer Impfung könne man sich fühlen wie bei einer beginnenden Grippe und sogar eine leichte, masernähnliche Erkrankung (Impfmasern) bekommen. «Das ist eine ganz abgeschwächte und undramatische Reaktion.» Der Schutz nach der ersten Masernimpfung liege in der Grössenordnung von 93 bis 95 Prozent, nach zwei Impfungen bei 98 bis 99 Prozent. «Wirksamkeiten von über 90 Prozent findet man bei einer ganzen Reihe von Impfstoffen», sagt Bogdan. Dazu zählten zum Beispiel die Impfungen gegen Tetanus, Hepatitis A und B sowie die Impfung gegen FSME. Anders als bei der Masern-Impfung müssen einige von ihnen aber regelmässig aufgefrischt werden.
«Rein immunologisch ist das unproblematisch, denn sie beruhen letztlich auf dem gleichen Impfantigen», sagt Experte Bogdan. «Die Wirksamkeit von Kombinationen wird derzeit in Studien untersucht, aber formal ist die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer Kombination bisher nicht gezeigt.» Jeder dieser Impfstoffe habe eine Zulassung, die auf entsprechenden Zulassungsstudien mit bestimmten Impfabständen beruhe. «Nur bei Einhaltung der Anwendungshinweise in den Fachinformationen ist man gegen Impfschäden abgesichert.» Kombinationen, in welcher Form auch immer, seien noch nicht zugelassen. Auch lasse sich im Falle des Auftretens einer Komplikation im Zuge der Kombination zweier Impfstoffe nicht sagen, ob diese nun auf Impfstoff A oder B zurückzuführen sei. «Deshalb halte ich von dieser ganzen Diskussion im Moment nichts», sagt Bogdan.
«Derzeit wissen wir noch nicht, wie lange jemand geschützt ist, der zweimal geimpft wurde. Wir haben jetzt eine maximale Beobachtungszeit von sieben bis acht Monaten», erläutert Bogdan. Bei Virusmutanten, die von den verfügbaren Vakzinen gegebenenfalls nicht erfasst werden, sei ohnehin ein neu komponierter Impfstoff nötig, der an die dann zirkulierenden Virus-Varianten angepasst werden müsse. «Das ist von der Zielsetzung her ein ähnliches Prinzip wie bei der Grippe-Impfung, nur mit dem Unterschied, dass die technologische Durchführung anders aussieht und Coronaviren sich nicht so schnell verändern wie Influenzaviren.»