Ein Toter und Dutzende Verletzte in Weissrussland
Der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko hat die Wahl in Belarus gewonnen. Doch nach 3000 Verhaftungen in der Nacht wird auch international Kritik laut.
Das Wichtigste in Kürze
- In Belarus kam es nach den Präsidentenwahlen zu riesigen Protesten.
- Die politische Lage in der Ex-Sowjetrepublik bleibt vorerst ungewiss.
- International gibt es starke Kritik.
Bei den Protesten gegen den Ausgang der Präsidentenwahl in Belarus (Weissrussland) hat es landesweit mehr als 3000 Festnahmen gegeben. Das teilte das Innenministerium Medien zufolge in der Hauptstadt Minsk am Montag mit. Es seien zudem fast 100 Verletzte auf beiden Seiten - bei den Sicherheitsorganen und den Bürgern - gezählt worden, hiess es.
Das Ministerium betonte, dass es keinen Todesfall gegeben habe. Die Menschenrechtsorganisation Wesna hatte zuvor mitgeteilt, dass ein junger Mann durch die Gewalt der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen sei. Es war aber weiter unklar, ob die Behörden in dem autoritär geführten Land die Wahrheit sagten.
Opposition will weiterkämpfen
Die Proteste gegen Wahlfälschungen nach Schliessung der Wahllokale am Sonntagabend waren die schwersten, die die frühere Sowjetrepublik je gesehen hat.
Die Wahlleitung rief den seit mehr als 26 Jahren regierenden Alexander Lukaschenko inzwischen für eine sechste Amtszeit als Sieger der Wahl aus.
Die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja erkennt das Ergebnis nicht an. Die Opposition bekräftigte Pläne, weiter gegen «Europas letzten Diktator» zu protestieren.
Massive Kritik aus der EU
Auch international ist die Wahl massiv in der Kritik. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Behörden zu einer Prüfung des Ergebnisses der Präsidentenwahl aufgefordert. Es müsse sichergestellt werden, dass die Stimmen präzise gezählt und publiziert werden, teilte sie am Montag mit.
«Die gewaltsame Unterdrückung von friedlichen Protesten hat keinen Platz in Europa», schrieb die EU-Chefin auf Twitter.
Harassment & violent repression of peaceful protesters has no place in Europe.
— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) August 10, 2020
Fundamental rights in #Belarus must be respected.
I call on the Belarusian authorities to ensure that the votes in yesterday’s election are counted & published accurately.
Auch Deutschland und Lettland hielten sich nicht mit Kritik zurück. Die Mindeststandards demokratischer Wahlen seien nicht eingehalten worden, schrieb ein Sprecher der Bundesrepublik. Es liefen Bemühungen für eine gemeinsame Reaktion der EU.
Lukaschenko droht mit Armee
Wahlsieger Alexander Lukaschenko macht hingegen das Ausland für die Proteste verantwortlich. Es habe Aufrufe dazu aus Polen, Russland und Tschechien gegeben, sagte der Präsident am Montag Staatsmedien zufolge in Minsk.
«Sie kontrollieren unsere Schafe. Und die verstehen nicht, was sie tun, und werden bereits kontrolliert», sagte der 65-Jährige. Hinter den Drahtziehern müssten nicht zwingend staatliche Strukturen stehen. «Es wird keinen Maidan geben, egal wie sehr jemand das will. Es ist wichtig, dass sich alle beruhigen», so der Langzeitpräsident.
Lukaschenko hatte bereits im Wahlkampf vor einer Revolution und Zuständen wie 2014 auf dem «Maidan» gewarnt, dem Unabhängigkeitsplatz von Kiew im Nachbarland Ukraine. Er drohte mehrfach mit dem Einsatz der Armee.