51 Schüler in Italien in letzter Minute aus Gewalt von Busfahrer befreit
Das Wichtigste in Kürze
- Mann nimmt Jugendliche als Geiseln und setzt Fahrzeug in Brand.
Der Mailänder Staatsanwalt Francesco Greco sprach nach der Geiselbefreiung am Mittwoch von einem «Wunder». Der aus dem Senegal stammende Fahrer wollte mit seiner Tat laut seinem Anwalt auf den Tod afrikanischer Flüchtlinge im Mittelmeer aufmerksam machen.
Die Schüler einer Oberschule in Crema waren in Begleitung von drei Betreuern auf dem Rückweg von einer Turnhalle, als der Fahrer plötzlich die Route änderte und verkündete, dass sie seine Geiseln seien. «Niemand kommt hier lebend raus!» rief der Mann nach Berichten mehrerer Schüler. Der Fahrer habe zwei volle Benzinkanister und ein Feuerzeug gehabt und ihnen die Handys abgenommen. Eine Betreuerin zwang er, die Kinder mit Stromkabeln zu fesseln.
Der Täter habe alle Türen des Busses «mit Ketten blockiert», sagte die 53-jährige Hilfslehrerin Tiziana Magarini der Nachrichtenagentur AFP. «Er zeigte mir ein Messer und sagte mir, ich solle alle Kinder fesseln.» Mehreren Zeugen zufolge hatte der Geiselnehmer auch eine Pistole bei sich.
Zwei Jugendlichen - einem 14-jährigen Ägypter und einem 13-jährigen Marokkaner - gelang es, die Polizei anzurufen. Sie hoffen nun, wegen besonderer Verdienste die italienische Staatsbürgerschaft zu bekommen.
Polizisten blockierten den Bus in San Donato Milanese südöstlich von Mailand und schlugen dessen hintere Scheiben ein. Während das Fahrzeug in Flammen aufging, brachten sie die Kinder in Sicherheit.
Der Fahrer habe immer wieder gesagt, dass «so viele Menschen in Afrika sterben und dass das die Schuld von (Vize-Regierungschef Luigi) Di Maio und (Innenminister Matteo) Salvini ist», berichtete eine Schülerin. Der Mann habe gerufen, er habe «drei Kinder im Meer verloren», sagte ein Schüler laut italienischen Medienberichten.
Der oberste Anti-Terror-Ermittler der Region Mailand, Alberto Nobili, sprach von der Tat eines Einzelnen ohne Verbindung zum radikalen Islamismus. Der Fahrer habe seine Tat seit mehreren Tagen geplant und bezweckt, «dass alle Welt von seiner Tat spricht».
Auf der Online-Plattform Youtube habe er ein Video veröffentlicht, in dem er Afrika aufrief, «sich zu erheben». Nach Angaben seines Anwalts wollte der Mann «die Aufmerksamkeit auf die Folgen der Einwanderungspolitik lenken».
Laut Staatsanwalt Greco durchbrach der Bus eine Polizeisperre und rammte ein Auto, dessen Insassen - ein Vater und sein Sohn - sich in Sicherheit bringen konnten, bevor es in Flammen aufging. Sowohl der Bus als auch das Auto brannten völlig aus.
Etwa ein Dutzend Schüler und zwei der erwachsenen Begleiter wurden mit leichten Rauchvergiftungen ins Krankenhaus gebracht. Der Fahrer musste wegen Verbrennungen an den Händen behandelt werden.
Ihm werden Geiselnahme, ein versuchtes «Massaker» und Brandstiftung zur Last gelegt, erschwerend kommt der Vorwurf des «Terrorismus» hinzu. «Der Verbrecher muss für alles bezahlen», erklärte Innenminister und Vize-Regierungschef Salvini, der der fremdenfeindlichen Lega-Partei vorsteht. Seine Regierung werde ihr Möglichstes tun, damit dem Geiselnehmer die italienische Staatsbürgerschaft entzogen werde, die er seit 2004 hat. Auch Vize-Regierungschef Di Maio von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung sprach sich dafür aus.
Der Geiselnehmer hatte seit 15 Jahren als Schulbusfahrer gearbeitet. Laut Medienberichten wurde ihm 2007 wegen Alkohols am Steuer vorübergehend der Führerschein abgenommen, 2018 sei er wegen sexueller Belästigung Minderjähriger zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Von beiden Vergehen habe sein Arbeitgeber aber nichts gewusst. Kollegen zufolge begannen die Probleme mit dem 47-Jährigen nach der Trennung von seiner italienischen Frau, mit der er zwei Kinder habe.