John Bercow verlässt das britische Parlament
Das Wichtigste in Kürze
- Heute Donnerstag hat Bercow seinen letzten Tag als Präsident des britischen Unterhauses.
- Er war eine Kontroverse Figur im britischen Parlament und genauso geliebt wie verhasst.
- Als Präsident des Unterhauses sorgte Bercow dafür, dass keiner gegen die Regeln verstiess.
Der kleine John Bercow hat sich mitten im Brexit-Streit nicht nur mit seiner markanten Stimme zur grossen Kultfigur gemausert.
Heute Donnerstag ist sein letzter Tag als Präsident des britischen Unterhauses; er hat nach über zehn Jahren genug. Irgendwann sei mal Schluss. Er habe es seiner Familie – seiner Frau Sally und den drei Kindern – versprochen, sagte der umtriebige «Speaker of the House of Commons». Als er sich am Mittwoch bei einer seiner letzten Sitzungen für deren Unterstützung bedankte, konnte er die Tränen kaum zurückhalten.
An Bercow scheiden sich die Geister: Die einen lieben ihn über alles und loben seine Art, das Unterhaus in die richtigen Bahnen zu lenken, wenn es wieder mal so richtig hoch hergeht. Selbst im Ausland hat er viele Fans, die am Fernseher seine Auftritte im Parlament staunend verfolgten.
Die anderen halten ihn für einen viel zu europafreundlichen Politiker, der sogar eine mehr als 400 Jahre alte Regel herauskramte, um eine Entscheidung zum Brexit-Abkommen der früheren Premierministerin Theresa May zu begründen. Als Speaker leitet Bercow die Debatten im Unterhaus und passt unter anderem auf, dass die Parlamentarier nicht gegen Regeln verstossen.
Auch die ganz Grossen machten Bercow keine Angst, jedenfalls nicht erkennbar. So bekam er denn auch viel Beifall für seine Ankündigung, Donald Trump bei einem Staatsbesuch nicht im Parlament zu empfangen. Indirekt warf er dem US-Präsidenten Rassismus und Sexismus vor.
Bercow interessierte sich früh für Politik
Bercow redet «zu gern und im Zweifel zu viel», wie er einräumte. Schon als Kind las er Zeitung, kandidierte für das Schülerparlament und protestierte gegen das Schulessen. Die spätere Premierministerin Margaret Thatcher überzeugte den Jungen, den Konservativen beizutreten.
Sein letzter Arbeitstag als Präsident des Unterhauses wird für Bercow ziemlich normal verlaufen, wie eine Sprecherin seines Büros sagte. Er leite die Debatten wie immer. Der Vorsitzende des Unterhauses, Jacob Rees-Mogg, und andere wollen ihm zum Abschied wohlwollende Worte mit auf den Weg geben.
Da die Regierung von Premierminister Boris Johnson keine Mehrheit im Unterhaus hat, dürfte sie wieder mit einem für sie unangenehmen Präsidenten konfrontiert werden. Wer immer es wird: Der nächste Speaker wird in die grossen Fussstapfen des kleinen Bercow treten müssen.