Russland legt sich noch nicht fest auf Gipfel mit Biden
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kreml hält sich nach der Initiative von US-Präsident Joe Biden für ein Gipfeltreffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin noch alle Möglichkeiten offen.
Der Vorschlag Bidens werde geprüft, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. Erst nach einer «Analyse der realen Situation, der realen nächsten Schritte» könne über ein solches Treffen entschieden werden.
Trotz vieler Meinungsunterschiede hätten die Präsidenten aber über den Versuch gesprochen, miteinander zu reden. Biden hatte Putin das Gespräch in einem Drittland am Dienstag bei einem Telefonat überraschend angeboten, um über eine Vielzahl von Problemen in den russisch-amerikanischen Beziehungen zu sprechen.
Auf diplomatischen Kanälen will Russland nach Peskows Darstellung die Möglichkeit eines solchen Treffens ausloten. Es sei voreilig, jetzt über einen Ort und einen Zeitpunkt nachzudenken, meinte er. Geplant ist das Treffen in einem EU-Land. Finnland etwa hatte sich angeboten.
Auch Putin hatte Biden ein Gespräch angeboten, nachdem der US-Präsident unlängst die Frage bejaht hatte, ob er seinen Kollegen für einen «Killer» halte. Wegen dieser Äusserung hat Russland vorübergehend seinen Botschafter aus den USA abgezogen.
In Moskau trafen sich US-Botschafter John J. Sullivan und der aussenpolitische Berater im Kreml, Juri Uschakow. Dabei habe die russische Seite klargemacht, dass Moskau im Fall neuer US-Sanktionen scharf reagieren werde. Beobachter gehen davon aus, dass es dann keinen Gipfel geben wird.
Biden und Putin hatten bei ihrem Telefonat auch über die jüngste Eskalation im Ukraine-Krieg gesprochen. Russland und die USA hatten sich angesichts von Truppenaufmärschen auf russischem und ukrainischem Gebiet gegenseitig die Schuld an den Spannungen gegeben.
Moskau machte deutlich, dass es seine Armee erst wieder ins Hinterland verlegen werde, wenn auch die Ukraine ihre Truppen zurückziehe. Die ukrainische Armee erhält zudem Waffen aus den USA. Ausserdem halten sich Militärvertreter der USA und weiterer Nato-Staaten in dem Land dauerhaft auf.
Nach der Entsendung von US-Kriegsschiffen ins Schwarze Meer verlegte Russland am Mittwoch einen ganzen Verband dorthin für ein Manöver, bei dem auch geschossen werden sollte. Daran sollten auch Flugzeuge und Hubschrauber der Luftstreitkräfte der Marine teilnehmen, heiss es in Moskau.
Auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim, die Russland 2014 der Ukraine entrissen hatte, warnte der Sekretär des Moskauer Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, Kiew vor Versuchen, sich das Gebiet mit militärischer Gewalt zurückzuholen. Russland betrachtet die Krim trotz fehlender internationaler Anerkennung als sein Staatsgebiet.
Russland und die Ukraine gehören zu den Anrainern des Schwarzen Meeres. Während sich Russland über die US-Schiffe Tausende Kilometer von ihren Heimatbasen entfernt besorgt zeigte, kritisierte die Nato russische Truppenverlegungen entlang der ukrainischen Grenze.
Die Aussen- und Verteidigungsminister der Nato-Staaten wollten am Mittwoch in einer gemeinsamen Videokonferenz unter anderem über die aktuelle Zuspitzung des Ukraine-Kriegs beraten. US-Aussenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin wurden zu den Gesprächen - bei denen es auch um den Abzug aus Afghanistan gehen sollte - persönlich in der Nato-Zentrale in Brüssel erwartet.
Vor den Beratungen warnte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) davor, sich von Russland provozieren zu lassen. «Mein Eindruck ist, dass die russische Seite eben alles versucht, um Reaktionen zu provozieren. Und wir wollen uns gemeinsam mit der Ukraine auf dieses Spiel nicht einlassen», sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch im ARD-«Morgenmagazin».
In der Mitteilung des Weissen Hauses hiess es, Biden habe den russischen Präsidenten mit Blick auf die Ukraine aufgefordert, «die Spannungen zu deeskalieren». Er habe ausserdem «das unerschütterliche Engagement der Vereinigten Staaten für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine» betont. Dazu teilte der Kreml mit, dass es für die Lösung des Ukraine-Kriegs den international anerkannten Minsker Friedensplan von 2015 gebe. Russland, das die Separatisten im Donbass unterstützt, beklagt, dass die Ukraine den Plan nicht erfülle.
Angesichts des russischen Truppenaufmarsches entlang der Grenze zur Ukraine wächst derzeit die Sorge, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine erneut mit blutigen Kämpfen aufflammen könnte. Der Krieg hat dazu geführt, dass seit knapp sieben Jahren Teile der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk entlang der russischen Grenze von moskautreuen Separatisten kontrolliert werden. Mehr als 30 000 Menschen starben dort nach UN-Angaben bisher. Die EU und die USA haben Russland im Ukraine-Krieg mit Sanktionen belegt.