Kremlgegner Nawalny zu 19 Jahren Haft im Straflager verurteilt
Kremlgegner Alexej Nawalny wurde am Freitag zu einer Haftstrafe von 19 Jahren in einem Straflager verurteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Alexej Nawalny wurde zu 19 Jahren in einem russischen Straflager verurteilt.
- Der Kremlgegner wies alle Vorwürfe gegen ihn als politische Inszenierung zurück.
Ein russisches Gericht hat den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny am Freitag zu einer Haftstrafe von 19 Jahren in einem Straflager verurteilt. Die Strafe gegen den 47-Jährigen erging in einem international als politische Inszenierung kritisierten Prozess wegen angeblichem Extremismus im Straflager. Nawalny gilt als politischer Gefangener.
Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Straflager Melechowo statt, wo Nawalny auch seine bisherige Strafe verbüsst. Insgesamt brachte die Staatsanwaltschaft sieben Anklagepunkte vor, darunter Gründung und Finanzierung einer extremistischen Organisation sowie Verharmlosung des Nationalsozialismus.
Nawalny, der bereits seit zwei Jahren im Gefängnis sitzt, gilt international als politischer Gefangener. Ihm könnten sogar bis zu 30 Jahre Straflager drohen. Er weist alle Vorwürfe als politische Inszenierung zurück.
Neues Gefängnis noch strenger
Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass mit dem Urteil die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sein sollte; also die neun Jahre Straflager, zu denen Nawalny bereits verurteilt wurde, mit eingerechnet seien. Es bleibe aber das schriftliche Urteil abzuwarten, sagte sie am Freitag.
Nawalnys Team im Exil erklärte, dass die Strafe in einem Lager unter besonderen Haftbedingungen abgesessen werden solle, die noch strenger seien als die in der bisherigen Kolonie. Nawalny sei wie ein «König» lächelnd ohne Fesseln allein in den Saal gekommen, kommentierten seine Mitarbeiter, die sich im Exil in der EU aufhalten, bei einer Livesendung bei Youtube. Sein Bruder Oleg Nawalny, der selbst schon inhaftiert gewesen war, sagte dass Alexej in guter «moralischer und physischer Verfassung» sei.
Seine Unterstützer kritisieren zudem, dass der Prozess nicht vor dem Moskauer Stadtgericht, sondern direkt in Nawalnys Strafkolonie im 260 Kilometer von Moskau entfernten Melechowo abgehalten wird. Dort versammelten sich vereinzelt Aktivisten, um den Oppositionsführer zu unterstützen. Nawalny wird nach Berichten seines Teams durch unmenschliche Haftbedingen und Dauerisolation gefoltert.
Nawalny gesundheitlich angeschlagen
«Es wird eine riesige Haftstrafe werden. Das, was man als »stalinistische Haftstrafe« bezeichnet», hatte Nawalny selbst am Donnerstag über sein Team in sozialen Netzwerken ausrichten lassen. Unter Sowjetdiktator Josef Stalin (1879-1953) waren zu kommunistischen Zeiten sehr lange und harte Strafen üblich.
Menschenrechtler weisen immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte. Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Präsident Wladimir Putin vor, hinter dem Mordanschlag vor drei Jahren zu stecken. Der Kreml dementiert das. Nach einer Behandlung in Deutschland kehrte Nawalny damals in seine Heimat zurück. Noch am Flughafen wurde er festgenommen.
Das neue Urteil gegen ihn diene der gesellschaftlichen Einschüchterung, schrieb Nawalny vorab. Es solle die kritischen Teile der russischen Bevölkerung davon abhalten, sich öffentlich gegen Putin und Russlands Krieg in der Ukraine zu stellen. Er bat auch um Solidarität mit politischen Gefangenen. Schon in seinem Schlusswort vor zwei Wochen hatte der Oppositionspolitiker dazu aufgerufen, gegen das «gewissenlose Böse, das sich selbst »Staatsmacht der Russischen Föderation« nennt», zu kämpfen.
Russland führt seit mittlerweile mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. In diesem Zeitraum hat die russische Führung auch im eigenen Land Repressionen gegen Kritiker massiv verstärkt. Neben Nawalny sind in russischen Straflagern noch zahlreiche weitere Oppositionelle inhaftiert, die international als politische Gefangene eingestuft werden. Erst vor wenigen Tagen etwa wurde gegen Wladimir Kara-Mursa das harte Urteil von 25 Jahren Straflagerhaft bestätigt. Es ist die bisher höchste Haftstrafe gegen einen Regierungskritiker in Russland.