Druck für Erhalt von Corona-Absicherungen im Alltag wächst

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Deutschland,

Am kommenden Sonntag soll es nach Plänen von Bund und Ländern so weit sein: Zum Frühlingsbeginn entfallen viele Pandemie-Beschränkungen. Doch welche sind inmitten steigender Infektionszahlen noch wichtig?

Ein Basisschutz soll auch ab dem 20. März bestehen. So ist eine Maskenpflicht in Pflegeheimen, Kliniken sowie im Nahverkehr und in Fernzügen und Flugzeugen vorgesehen. Foto: Paul Zinken/dpa
Ein Basisschutz soll auch ab dem 20. März bestehen. So ist eine Maskenpflicht in Pflegeheimen, Kliniken sowie im Nahverkehr und in Fernzügen und Flugzeugen vorgesehen. Foto: Paul Zinken/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenige Tage vor dem Ende der meisten Corona-Auflagen in Deutschland wächst der Druck auf die Bundesregierung, doch mehr Absicherungen zu behalten - auch in der Koalition selbst.

SPD-Chefin Saskia Esken forderte «einen ausreichenden Basisschutz, der überall gleichermassen gilt». In einer Bundestagsanhörung zur geplanten neuen Rechtsgrundlage für Beschränkungen mahnten Experten und Verbände vor allem zu weiterhin breiter angelegten Maskenvorgaben. Die FDP und das Gesundheitsministerium verteidigten dagegen die Pläne, die ab 20. März nur noch deutlich weniger allgemeine Schutzregeln vorsehen.

Esken sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Das Frühjahr kommt, doch Corona bleibt uns offenbar erhalten.» Zu einem überall gleichen Basisschutz gehörten im öffentlichen Fern- und Nahverkehr die weiter vorgesehene Maskenpflicht, aber auch die Zugangsbeschränkung auf Geimpfte, Genesene und Getestete (3G), und ebenso Masken auch im Einzelhandel. «Die Länder müssen auf lokale Infektionsgeschehen mit weitergehenden Massnahmen reagieren können.» Grünen-Chefin Ricarda Lang betonte, «dass wir einen umfassenden Basisschutz brauchen und hier auch nicht zu viele Instrumente aus der Hand geben sollten». Mit Blick auf eine vorerst nicht mehr vorgesehene Maskenpflicht im Handel sagte sie: «Ich glaube, hier wäre eine breitere Regelung sinnvoller.»

Bundestag berät über Entwurf für neues Infektionsschutzgesetz

An diesem Mittwoch soll der Bundestag erstmals über die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) beraten. Dabei geht es um eine Anschlussregelung, wenn die bisherige bundesweite Rechtsgrundlage für Beschränkungen am 19. März ausläuft - und nach einem Bund-Länder-Beschluss ab 20. März alle tiefgreifenderen Auflagen und Vorgaben wegfallen sollen.

Ein Basisschutz soll aber bleiben. Dafür sieht der Entwurf nur noch Maskenpflichten in Pflegeheimen, Kliniken sowie Bussen und Bahnen im Nahverkehr vor - und Testpflichten in Heimen und Schulen. Bleiben soll die Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen. Auf Beschluss der Landesparlamente sollen aber weitergehende Auflagen für regionale «Hotspots» in kritischer Corona-Lage möglich sein - etwa auch Masken in Schulen. Kontaktbeschränkungen soll es aber generell nicht mehr geben. Von den Ländern kommen aber Rufe nach mehr Instrumenten.

FDP-Chef Christian Lindner sagte, man gehe verantwortbare Schritte zurück zur Normalität. Zugleich blieben Handlungsmöglichkeiten gegeben. Der Orientierungspunkt für die Pandemiebekämpfung sei die Situation des Gesundheitswesens. «Und unser Gesundheitswesen ist sicherlich in Anspruch genommen, aber Gott sei dank haben wir keine strukturelle Überlastung gegenwärtig zu befürchten.»

In Zukunft Bundesländer verantwortlich

Aus dem Bundesgesundheitsministerium hiess es, die Länder müssten sich darauf konzentrieren, die künftig noch bestehenden Möglichkeiten so schnell wie möglich anzuwenden. Dabei könnten Hotspots ganze Länder umfassen. Zudem sollten die Landesparlamente schon bei drohender Überlastung der Kliniken handeln können, nicht erst bei einer bestehenden. Im Entwurf stehen aber keine genauen Kriterien für eine Überlastung. Ein Ministeriumssprecher sagte, gegenwärtig gebe es «Rekordinzidenzen» und eine schnelle Verbreitung der Omikron-Untervariante BA.2. Darauf müsse man jetzt reagieren - wie genau, das sei Ländersache.

Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert Koch-Institut (RKI) weiter auf einen Höchstwert von nun 1543,0 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner - nach 1526,8 am Vortag. Die Gesundheitsämter meldeten 92.378 neue Fälle an einem Tag. Den Wert der in Kliniken aufgenommenen Corona-infizierten Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb sieben Tagen gab das RKI mit 6,77 (Freitag: 7,00) an.

Die Virologin Melanie Brinkmann sagte in der Bundestagsanhörung, es sei wichtig, Instrumente aufrechtzuerhalten, die wirkten. Dies wisse man von Masken in Bereichen, in denen viele Menschen in Innenräumen zusammenkommen. Mit Öffnungen würden Ungeimpfte verstärkt ins Geschehen gebracht, die bisher abgekapselt gewesen seien. Auch besonders Gefährdete könnten sich nicht hundertprozentig schützen.

Streeck: «Guter Zeitpunkt, besonnen Massnahmen zurückzufahren»

Der Virologe Hendrik Streeck sagte, es gebe zwar extrem hohe Infektionszahlen, die Belastung der Kliniken sei aber davon abgekoppelt. Mit besserem Wetter im Sommer könne man mit abnehmenden Infektionen rechnen. Dies sei «ein guter Zeitpunkt, besonnen Massnahmen zurückzufahren» und sich von solchen zu trennen, deren Wirksamkeit nicht klar bewiesen sei, etwa die Zugangsregeln 2G/3G.

Ein Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft erläuterte, dass der Betrieb in den Kliniken derzeit weiter weit vom Normalbetrieb entfernt sei. Eine Vertreterin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte, der Entwurf bilde bisher nur ein Testgebot für Schulen ab - nötig seien aber weiter Möglichkeiten, vor Ort Maskengebote auszusprechen. Mehrere Sachverständige verwiesen auf rechtlich unklare Hotspot-Bestimmungen für die Landtage.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt äusserte sich im Deutschlandfunk beunruhigt wegen der gestiegenen Infektionszahlen. «Es ist insofern schwer verständlich, warum eine Maskenpflicht in bestimmten Einrichtungen sein soll, aber zum Beispiel im Einzelhandel, der Gastronomie nicht, während man im öffentlichen Nahverkehr eine Maske aufsetzen soll.» Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Wenn das Gesetz so verabschiedet wird, wie es vom Bundeskabinett eingebracht wurde, macht es alle Arbeit der letzten zwei Jahre obsolet.»

An diesem Donnerstag wollen auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten über den Corona-Kurs beraten, ehe der Bundestag dann am Freitag das neue Infektionsschutzgesetz beschliessen soll. Am Donnerstag wird im Bundestag auch erstmals über Anträge zu einer allgemeinen Impfpflicht diskutiert. Die Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen startet bereits: Bis diesen Dienstag müssen Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen - oder ein Attest, nicht geimpft werden zu können.

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