Kroatien plant vorgezogene Neuwahlen
Im jüngsten EU-Mitgliedsland Kroatien zeichnet sich ein turbulenter Wahlkampf und Druck auf die Medien ab. Premier Plenkovic strebt eine stabilere Mehrheit an.
Kroatiens Parlament hat sich am Donnerstag auf Initiative der Regierung von Ministerpräsident Andrej Plenkovic einstimmig aufgelöst, um den Weg für vorgezogene Wahlen freizumachen. Regulär müsste die Parlamentswahl erst im Herbst stattfinden. Nun dürfte sie für April oder Mai angesetzt werden.
Kurz vorher hatte die Volksvertretung auf Druck von Plenkovic ein umstrittenes Gesetz gegen Whistleblower beschlossen. Die Opposition befürchtet, dass damit Korruption von Politikern aus Plenkovics Lager verschleiert werden solle.
Premier Plenkovic steht in der Kritik
Nach Ansicht von Kritikern wollte Plenkovic die Wahl vorziehen, weil er befürchtet, dass die Beliebtheit seiner Mitte-rechts-Partei HDZ bis zum Herbst weiter sinkt. HDZ gehört wie die deutschen Unionsparteien auch zur Europäischen Volkspartei (EVP). Plenkovic hatte im Parlament nur eine knappe Mehrheit der Abgeordneten hinter sich.
Der Premier stand zuletzt wegen seiner Justiz- und Medienpolitik im Land stark in der Kritik. Stein des Anstosses war unter anderem das am Donnerstag noch vor der Parlamentsauflösung beschlossene Gesetz gegen Whistleblower – das «Lex AP», wie es der Volksmund nach den Anfangsbuchstaben im Namen des Premiers benennt. Diesem zufolge sollen künftig Informanten, die Angaben aus Ermittlungsakten der Justiz an die Presse weitergeben, mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden können. Das Gesetz war schon in seiner Projektphase monatelang kontrovers diskutiert und auch vom Europarat kritisiert worden.
Haftstrafen für Whistleblower
Nach Protesten von Journalistenverbänden und Opposition verzichtete die Regierung auf den Plan, auch Journalisten für die Veröffentlichung dieser Informationen zu bestrafen. Ihre Arbeit würde dennoch weiterhin behindert, dadurch dass den Whistleblowern Strafe droht, sagen Kritiker. Umstritten war zuletzt auch die Wahl des Juristen Ivan Turudic zum obersten Staatsanwalt im Februar auf Betreiben von Plenkovic.
Turudic wird vorgeworfen, mit korruptionsverdächtigen Personen in freundschaftlichem Kontakt gestanden zu haben. Kritik gab es zudem daran, dass Plenkovic jüngst mehrfach deutlich gemacht, dass er mit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) nicht uneingeschränkt zusammenarbeiten wolle. EPPO arbeitet seit Juni 2021 und soll grenzübergreifend zu Korruptionsfällen ermitteln, in denen es um EU-Gelder geht.
Seit 2013 EU-Mitglied
Kroatien ist jüngstes Mitglied der EU und war Jahr 2013 beigetreten. Wann die Neuwahl stattfindet, stand zunächst nicht fest. Sie könnte frühestens für den 14. April und spätestens für den 12. Mai angesetzt werden.
Über den Termin entscheidet Staatspräsident Zoran Milanovic. Der russlandfreundliche Milanovic ist ein erbitterter politischer Feind des prowestlichen Plenkovic. Ende dieses Jahres ist auch die Präsidentenwahl fällig.