Letztes Video: Gestern war Nawalny (†47) noch zu Scherzen aufgelegt
Russischen Medien zufolge ist der prominente Kreml-Kritiker Alexej Nawalny tot. Er sei in Haft gestorben.
Das Wichtigste in Kürze
- Kreml-Gegner Alexej Nawalny ist laut russischen Quellen 47-jährig verstorben.
- Er sei bei einem Spaziergang zusammengebrochen.
- Der Oppositionelle war zuletzt im Straflager Polarwolf in der Jamal-Region inhaftiert.
Alexej Nawalny soll tot sein. Gemäss der russischen Staatsagentur Tass ist der Putin-Gegner im Alter von 47 Jahren in Haft gestorben.
Die Agentur beruft sich dabei auf die Gefängnisverwaltung des nordrussischen Gebietes Jamal. Demnach sei Nawalny bei einem Spaziergang zusammengebrochen. Es sei erfolglos versucht worden, ihn zu reanimieren.
«Russia Today» berichtet, der Regierungskritiker habe ein Blutgerinnsel erlitten. Die genaue Todesursache müsse aber noch geklärt werden.
Nawalnys Frau: «Sie lügen immer»
Nawalnys Frau, Julia Nawalnaja, hat noch keine eigene Bestätigung des Todes ihres Mannes. «Ich weiss nicht, ob wir den schrecklichen Nachrichten glauben sollen, die wir ausschliesslich aus staatlichen russischen Quellen erhalten», sagte sie am Freitag in ihrer kurzfristig anberaumten Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz. «Wir können Putin und Putins Regierung nicht glauben», fügte sie hinzu. «Sie lügen immer.»
Letztes Video von Nawalny
Kurz vor seinem Tod war Nawalny noch zu Scherzen aufgelegt.
In einem Video, das von gestern Donnerstag stammen soll, machte er noch Witze über das Straflager. Zudem fragte er den Richter ironisch, ob er ihm etwas von seinem Lohn abgeben könne.
The last video of Navalny from yesterday before he was murdered by Putin in cold blood today.
— Mykhaïlo Golub (@golub) February 16, 2024
pic.twitter.com/bVkVwKvaVX
Auch seiner Mutter zufolge, die den Kremlgegner noch am Montag besucht habe, wirkte Nawalny zuletzt noch fit. «Er war lebendig, gesund und lebenslustig», sagt sie. «Ich möchte keine Beileidsbekundungen hören», wurde sie am Freitag zudem von der kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta» zitiert.
Nawalny-Anwalt kommentiert Todesmeldung zunächst nicht
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Präsident Wladimir Putin sei in Kenntnis gesetzt worden. Weitere Details nannte er zunächst nicht.
Nawalnys Team erklärte, es habe bislang keine Bestätigung über den Tod des Oppositionellen erhalten. Sein Anwalt Leonid Solowjow sagte der kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta»: «Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts.»
Zahlreiche Reaktionen aus dem Westen – auch aus der Schweiz
Westliche Politiker reagieren bestürzt auf die Meldung. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz wählte die Worte «bedrückend» und «furchtbar». Nawalny habe seinen Mut «mit dem Leben bezahlt».
Auch das Schweizer Aussenministerium hat sich geäussert. Der Russe sei ein Verfechter der Demokratie und der Grundrechte gewesen, schrieb das EDA am Freitag auf X.
La Suisse est consternée par le décès d'Alexei Navalny, un défenseur exemplaire de la démocratie et des droits fondamentaux. Elle attend qu’une enquête soit ouverte sur les causes de sa mort. Nos condoléances et nos pensées à sa famille.
— EDA - DFAE (@EDA_DFAE) February 16, 2024
EU-Ratspräsident Charles Michel gab auf X, vormals Twitter, dem Kreml die Schuld am Tod Nawalnys. «Die EU macht das russische Regime allein für diesen tragischen Todesfall verantwortlich.» Und weiter: «Kämpfer sterben, aber der Kampf für Freiheit endet nie.»
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny getötet wurde. Es sei sehr bedauerlich, dass Nawalny in einem russischen Gefängnis gestorben sei. «Putin ist es egal, wer sterben wird. Hauptsache, er bleibt bei seiner Position», sagte Selenskyj.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Regierung in Moskau derweil eindringlich zu einer Aufklärung des Todes aufgefordert. Die US-Regierung ihrerseits hat den Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny als «schreckliche Tragödie» bezeichnet.
Auch sonst äusserten sich zahlreiche politische Akteure aus westlichen Ländern. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reagierte mit «Zorn und Empörung.» Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni forderte von Russland volle Aufklärung über die Umstände Nawalnys Todes.
Schon 2020 überlebte Nawalny nur knapp
Nawalny wurde vor etwas mehr als drei Jahren – schon vor der Eskalation im Ukraine-Krieg – festgenommen. Wegen Extremismus erhielt der Kreml-Kritiker insgesamt 19 Jahre Lagerhaft.
Zuletzt verlegten ihn die Behörden in das entlegene Straflager Polarwolf in der Jamal-Region. Nawalny vermutete, dass er dort vor der anstehenden Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden sollte.
2020 überlebte Alexej Nawalny nur knapp einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok. Nachdem er in Deutschland von den Folgen des Giftanschlags behandelt worden war, kehrte Nawalny am 17. Januar 2021 nach Russland zurück – und wurde noch am Flughafen verhaftet.
Proteste vor russischen Botschaften in Riga und Tallinn
In Lettlands Hauptstadt Riga haben nach der Nachricht vom Tod des russischen Kremlgegners Alexej Nawalny mehrere Dutzend Menschen vor der Botschaft Russlands protestiert. Auf dem Platz gegenüber der Auslandsvertretung zündeten sie Kerzen an und hielten Plakate mit einem Foto Nawalnys oder Aufschriften hoch.
Auch im benachbarten Estland zogen Demonstranten mit Transparenten vor die russische Botschaft in der Hauptstadt Tallinn. Auf einem stand in Grossbuchstaben: «Putin ist ein Mörder».