Alexej Nawalny muss in Haft jeden Morgen patriotischen Pop hören
Um 5 Uhr morgens wird im eiskalten Gefängnis von Jamal «zur Erziehung» ein Pro-Putin-Popsong gespielt. Das berichtet Kremlkritiker Alexej Nawalny.
Das Wichtigste in Kürze
- Alexej Nawalny wurde Ende Dezember in ein Straflager in Jamal verlegt.
- Dort muss er jeden Morgen das patriotische Poplied «Ich bin Russe» von Shaman hören.
- Der Sänger ist öffentlicher Putin-Unterstützer.
Alexej Nawalny, der bekannte Kremlkritiker und ehemalige Anwalt, hat schon viel erlebt. Er wurde vergiftet, angegriffen und ihm wurde angemessene medizinische Versorgung verweigert. Nun berichtet er aus dem arktischen Gefängnis von Jamal von einer neuen Art der Folter – dieses Mal einer psychologischen.
«Jeden Tag um 5 Uhr morgens hören wir den Befehl ‹Aufstehen!›, gefolgt von der russischen Nationalhymne. Sofort danach wird das zweitwichtigste Lied des Landes gespielt – ‹Ich bin Russe› von Shaman.» Das Lied diene «der Erziehung», schreibt Alexej Nawalny gemäss «Guardian» in einer von seinen Verbündeten ermöglichten Nachricht.
Alexej Nawalny kannte Putin-Popstar vor Knast nicht
Sänger Shaman, der eigentlich Jaroslaw Jurjewitsch Dronow heisst, hat sich durch den Kriegspatriotismus einen Namen gemacht. Das Lied handelt davon, dass Russen «nicht gebrochen» werden können, «bis zum Ende gehen».
Shaman ist regelmässig im staatlichen Fernsehen zu sehen. Er ist einer der Prominenten, die offiziell Putin zur erneuten Präsidentschaftskandidatur im März vorschlagen, und unterstützt diesen dadurch im Wahlkampf.
Nawalny erzählt: «Der Sänger Shaman kam zu Ruhm, als ich bereits im Gefängnis war. Daher konnte ich weder ihn noch seine Musik sehen oder hören. Aber ich wusste, dass er Putins Hauptsänger geworden war.» Bald wurde er nach Jamal verlegt – wo er die patriotischen Hits jetzt jeden Tag hören muss.
Alexej Nawalny ist mittlerweile 47 Jahre alt. Vor über einem Jahrzehnt geriet er durch seine satirischen Darstellungen von Präsident Wladimir Putins Elite ins Rampenlicht. Durch seine Korruptionsanschuldigungen und -aufdeckungen gegen die russische Regierung wurde er zu einem Dorn im Auge des Kreml.
Nun muss Nawalny bis zu seinem 74. Lebensjahr hinter Gittern bleiben. Das aufgrund von Anklagen, die seiner Meinung nach nur dazu dienen sollten, ihn aus der Politik fernzuhalten.