Boris Johnson verlängert Corona-Massnahmen für vier Wochen
Lange sah sich Grossbritannien auf bestem Weg aus der Corona-Pandemie. Nun macht die hochansteckende Delta-Variante Probleme und weitere Lockerungen unmöglich. Boris Johnson muss die Notbremse ziehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen der rapiden Ausbreitung der Delta-Variante müssen sich die Menschen in England für weitere Corona-Lockerungen noch länger gedulden.
Der britische Premierminister Boris Johnson verlängerte am Montag die noch geltenden Corona-Massnahmen bis zum 19. Juli, wie er bei einer Pressekonferenz in London erklärte. «Wir hatten eine sehr schwierige Entscheidung zu treffen», so der Regierungschef. «Ich denke aber, es ist vernünftig, etwas länger zu warten.»
Der bislang für den 21. Juni geplante «Tag der Freiheit» wird somit um bis zu vier Wochen verschoben. Geplant war bislang, dass am Montag nächster Woche in England alle noch geltenden Kontaktbeschränkungen aufgehoben werden, Nachtclubs wieder öffnen und Theater wieder vor vollen Sälen spielen dürfen. Geschäfte und Gastronomie haben ohnehin bereits seit Wochen wieder geöffnet.
Nun werden zu diesem Datum lediglich die Regeln für Hochzeiten und wenige andere Kulturveranstaltung gelockert - dort sind nun auch wieder mehr als 30 Gäste erlaubt. Die anderen Landesteile Schottland, Wales und Nordirland haben eigene Corona-Regeln, die sich jedoch nur geringfügig von denen in England unterscheiden. In einigen Regionen wurden auch dort geplante Lockerungen zunächst aufgeschoben.
Das Impfprogramm soll in den nächsten Wochen dafür noch einmal beschleunigt werden - so sollen etwa alle über 40-Jährigen ihre zweite Impfdosis früher bekommen als bislang geplant. Sollte sich die Lage in England schnell verbessern, könnten nach zwei Wochen Änderungen erfolgen.
Obwohl die britische Impfkampagne weit vorangeschritten ist und bereits fast 57 Prozent der Erwachsenen voll geimpft sind, hat die zunächst in Indien entdeckte Delta-Variante die Infektionszahlen im Land wieder in die Höhe schnellen lassen. Nachdem wochenlang nur sehr wenig Neuinfektionen gezählt wurden, liegt die Sieben-Tage-Inzidenz nun wieder bei fast 68. Der Wert spiegelt die Zahl der neuen Ansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche wieder.
Nach Meinung wissenschaftlicher Experten könnte die Verschiebung der weiteren Lockerungen um vier Wochen Tausende neuer Patienten in Krankenhäusern verhindern. Es gelte nun, dem Gesundheitsdienst einige weitere Wochen zu geben, um so viele Impfungen zu verteilen wie möglich, sagte Johnson. Bei der Delta-Variante gilt die zweite Dosis als extrem wichtig, da der Schutz nach nur einer Impfdosis deutlich niedriger sein soll als bei den zuvor bekannten Corona-Varianten. «Ich bin zuversichtlich, dass wir nicht mehr als vier Wochen brauchen.» In vier Wochen könne man in einer deutlich besseren Situation sein als aktuell.
In Branchen, die von den weiteren Beschränkungen besonders betroffen sind, regte sich heftiger Widerstand. Der Singer-Songwriter Frank Turner schrieb am Montag auf Twitter, die Verzögerung werde für einige Betriebe in der Branche den «endgültigen Kollaps» bedeuten. Der Komponist Andrew Lloyd Webber hatte bereits zuvor gegen eine Verlängerung der Corona-Massnahmen, die für Theater eine nur halbvolle Auslastung ihrer Häuser bedeuten, gewettert. «Kommt zum Theater und nehmt uns fest», sagte der 73-Jährige im Interview mit dem «Telegraph» in Richtung seiner Regierung.
Die deutsche Bundesregierung hat das Vereinigte Königreich wegen der Ausbreitung der Delta-Variante erneut als Virusvariantengebiet eingestuft. Das bedeutet, dass lediglich deutsche Staatsbürger und wenige andere Ausnahmefälle überhaupt einreisen dürfen, sich aber für 14 Tage in Quarantäne begeben müssen. Auch die britische Regierung setzt für die meisten Länder weiterhin auf strikte Quarantäneregeln: Einreisende aus Deutschland müssen für zehn Tagen in Quarantäne - mit der Möglichkeit, sich frühestens am fünften Tag mit einem negativen Test zu befreien.