Mehr als 160 Festnahmen in Istanbul am 1. Mai
Die türkische Polizei hat am 1. Mai nach offiziellen Angaben 164 Demonstranten in Istanbul festgenommen.
Sie hätten trotz Warnungen an einem nicht genehmigten Protest teilgenommen, begründete das Istanbuler Gouverneursamt am Sonntag das Vorgehen. Nach Medienberichten kam es vereinzelt zu Zusammenstössen mit der Polizei, als Demonstranten versuchten, zum symbolträchtigen Taksim-Platz im Zentrum der Millionenmetropole zu marschieren. Die Behörden hatten den Zugang zum Platz zuvor wie jedes Jahr weiträumig abgesperrt.
Seit den regierungskritischen Gezi-Protesten 2013 lässt die türkische Führung keine Mai-Demonstrationen am Taksim-Platz mehr zu.
Die Behörden gestatteten Gewerkschaftsvertretern am Sonntag lediglich, einen Kranz dort niederzulegen. Die Proteste 2013 hatten sich zunächst gegen die Bebauung des Gezi-Parks am Taksim gerichtet. Sie weiteten sich zu landesweiten Demonstrationen gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus. Die Regierung liess die Proteste brutal niederschlagen.
Der Taksim-Platz hat für die 1.-Mai-Feierlichkeiten in der Türkei eine besondere Bedeutung. Im Jahr 1977 eröffneten dort Heckenschützen am 1. Mai das Feuer auf eine Demonstration mit rund 500 000 Teilnehmern. Mindestens 34 Menschen starben. Bis heute ist unklar, wer die Täter waren.
Auf der asiatischen Seite Istanbuls kamen unterdessen zahlreiche Menschen zu Maifeierlichkeiten zusammen, wie auf Bildern zu sehen war. Demonstrationen gab es auch in der Hauptstadt Ankara, der Küstenmetropole Izmir und anderen Städten. Bestimmendes Thema war die Wirtschaftskrise und die Inflation von offiziell mehr als 60 Prozent.