Mordprozess: 20 Jahre Haft für Ex-Soldat Nordahl Lelandais
Rund eine Woche stand Nordahl Lelandais wegen Mord und Entführung in Chambéry (F) vor Gericht. Ein erstes Urteil beschliesst eine 20-jährige Haftstrafe.
Das Wichtigste in Kürze
- Nordahl Lelandais stand rund eine Woche in Chambéry (F) vor Gericht.
- Der ehemalige Soldat wurde in einem ersten Urteil zu 20 Jahren Haft verurteilt.
- Der Fall sorgte in Frankreich für einen riesigen Medienrummel.
Ein junger Soldat verschwindet in Frankreich – die Spur führt zu Nordahl Lelandais. Der frühere Hundeführer soll nicht nur den Soldaten getötet haben, auch ein kleines Mädchen zählt wohl zu seinen Opfern. In Frankreich wähnte man sich gar einem Serienmörder auf der Spur.
Die Staatsanwaltschaft hatte die Höchststrafe für Nordahl L. gefordert – 30 Jahre Gefängnis. Gut eine Woche lang stand der frühere Soldat in dem französischen Städtchen Chambéry vor Gericht. Im Prozess hat der 38-Jährige gestanden, einen anderen jungen Soldaten getötet zu haben.
Allerdings nicht absichtlich, wie er behauptet. Der Prozess bewegt, ja vielleicht auch fasziniert ganz Frankreich. Denn Nordahl L. werden noch weitere Verbrechen vorgeworfen – zumindest für ein weiteres ist er wohl verantwortlich.
Immer wieder fiel auch der Begriff Serienmörder - doch wie gross ist das Ausmass seiner Taten wirklich?
Erstes Urteil: 20 Jahre Haft für Nordahl Lelandais
Nun ist am späten Dienstagabend nach einer nervenaufreibenden Woche ein erstes Urteil gefallen: 20 Jahre Haft für einen Mann, den in Frankreich mittlerweile jeder kennt. Teilnahmslos, so heisst es, soll Nordahl L. die Entscheidung aufgenommen haben. Für ihn ist das Ende dieses Prozesses nur die erste Etappe vor Gericht.
«Er lügt, und das ist seine DNA», sagte der Anwalt der Familie des getöteten Soldaten, Bernard Boulloud. Dies laut französischen Medien, die aus dem Gerichtssaal berichteten. In dem aktuellen Prozess ging es nur um den Mord am jungen Soldaten.
Aber der Angeklagte wird auch verdächtigt, in Südostfrankreich ein achtjähriges Mädchen entführt und umgebracht zu haben. In einem separaten Prozess voraussichtlich im kommenden Jahr soll es um den Tod der kleinen Maëlys gehen.
Nordahl L. wurde 1983 in der Nähe von Paris geboren und lebte später in Ostfrankreich. Er war Hundeführer bei der französischen Armee, wurde aber 2005 entlassen.
Mordfall April 2017 – Angeklagter spricht von Versehen
Er beschäftigte sich mit Hundezucht und soll psychische Probleme gehabt haben. Im April 2017 wurde der 23-jährige Soldat Arthur N. getötet.
Erst rund ein halbes Jahr später wird seine Leiche gefunden, ein Wanderer entdeckt die menschlichen Überreste. Mobilfunkdaten bringen die Ermittler schliesslich auf die Spur von Nordahl L. - viel zu spät, wie sich bald zeigen wird.
Im Prozess gab Nordahl L. zu, Arthur N. getötet zu haben. Er sprach jedoch von einem Versehen - er habe den jungen Mann mit dem Auto mitgenommen.
Es habe einen Streit um ein gestohlenes Handy gegeben, ein tödlicher Kampf folgte.
Die Staatsanwaltschaft sieht das völlig anders. Für sie ist das einzig plausible Motiv ein sexuelles. Nordahl L., so argumentiert sie, habe einen Tötungswillen gehabt.
Die Familie des Opfers sass immer wieder mit im Gerichtssaal. Sie hatte ein riesiges Porträt ihres Sohnes, ihres Bruders vor sich aufgebaut. «Er ist immer in unseren Herzen und das kann uns niemand nehmen», sagte Cécile Noyer, Arthurs Mutter, vor Fernsehkameras.
Sein Vater zeigte sich mit dem Urteil zufrieden – vor allem damit, dass die Tötungsabsicht anerkannt wurde. «Es wird uns Arthur nicht wiederbringen - ob es nun 30, 20 oder 15 Jahre sind.»
Achtjähriges Mädchen verschwunden
Auch Nordahl L. äusserte sich im Gerichtssaal, entschuldigte sich bei der Familie: «Es tut mir leid, Arthur.» Der Anwalt von Nordahl L. ist überzeugt, dass sein Mandant bereits vorverurteilt wurde.
In den Medien werde er als Pädophiler, als Serienmörder, ja gar als Monster dargestellt. Dies sagt Alain Jakubowicz, ein bekannter Anwalt in Frankreich.
Zumindest in einem anderen Fall hat Nordahl L. die Ermittler aber zu einer Leiche geführt. Die achtjährige Maëlys verschwand im August 2017, wenige Monate nach dem Tod des jungen Soldaten.
Sie verschwand von einer Hochzeitsfeier in einer kleinen Gemeinde in der Region Auvergne-Rhône-Alpes. Irgendwann in der Nacht verloren die Eltern ihr kleines Mädchen aus den Augen. Sie sollten ihre Tochter nie wieder sehen.
In Frankreich beginnt Medienrummel
Aufnahmen einer Überwachungskamera und DNA-Spuren bringen die Ermittler auf den ehemaligen Hundeführer. Anfang 2018 führt er sie zur Leiche des Kindes. Auch der Tod des Mädchens sei keine Absicht gewesen, sagte Nordahl L. Berichten zufolge.
Doch die Ermittler beschleicht nun noch ein ganz anderer Gedanke: Hat dieser Mann noch etwas mit dem Verschwinden anderer Menschen zu tun? In Frankreich beginnt ein riesiger Medienrummel um den Fall Nordahl L. - der Name ist nun im ganzen Land bekannt. Dem Ex-Militär werden ausserdem sexuelle Übergriffe auf Cousinen vorgeworfen.
Die Ermittler beginnen, Dutzende alte Fälle wieder aufzurollen. Eine Spezialeinheit wird geschaffen, es beginnt eine regelrechte Jagd nach Indizien und Beweisen. Doch bis heute konnte keine sichere Verbindung zwischen dem ehemaligen Soldaten und anderen ungelösten Fällen hergestellt werden. Viele glauben heute, man habe sich da verrannt.
Grosse Anteilnahme am Prozess
Ungeklärte oder besonders grausame Mordfälle halten Frankreich immer wieder in Atem. Da ist der schreckliche Fünffach-Mord von Nantes – seit nunmehr zehn Jahren ist ein verdächtiger Familienvater wie vom Erdboden verschluckt.
Und erst am Montag starb Michel Fourniret, einer der berüchtigtsten Serienmörder des Landes. «Das Monster der Ardennen» hatte über Jahre hinweg zahlreiche Mädchen und junge Frauen vergewaltigt und ermordet. Er blieb über lange Zeit unentdeckt.
Und so wühlt auch der Fall Nordahl L. ganz Frankreich auf, die Anteilnahme am Prozess war riesig. Viele fragen sich: Was verbirgt der 38-Jährige noch?
Lauern im Geheimen weitere Schrecken? Und könnte Nordahl L. viele ungelöste Rätsel aufklären? Die Antwort, so sieht es heute zumindest aus, lautet aber wohl: eher nicht.