Moskau verlängert Abrüstungsvertrag bis 2026

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Russland,

Das Zittern um den letzten grossen Abrüstungsvertrag hat ein Ende. Kurz nach dem Machtwechsel in Washington haben sich die Präsidenten Putin und Biden auf die Rettung des Abkommens geeinigt. Beim ersten Telefonat der beiden geht es auch um Konflikte.

Russlands Präsident äusserte sich im Rahmen des Weltwirtschaftsforums auch über den atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA: «Das ist zweifelsfrei ein Schritt in die richtige Richtung». Foto: Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa
Russlands Präsident äusserte sich im Rahmen des Weltwirtschaftsforums auch über den atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA: «Das ist zweifelsfrei ein Schritt in die richtige Richtung». Foto: Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland und die USA haben sich nach Kremlangaben auf die Verlängerung des atomaren Abrüstungsvertrags New Start verständigt.

Die Staatsduma und der Föderationsrat in Moskau verabschiedeten dazu ein vom Präsidenten Wladimir Putin eingebrachtes Gesetz, wonach das Abkommen über die Begrenzung der Nuklearwaffen der beiden grössten Atommächte bis 2026 weitergelten soll. Das Gesetz trat mit der Veröffentlichung in Kraft.

«Das ist zweifelsfrei ein Schritt in die richtige Richtung», sagte Putin auf dem Davos Wirtschaftsforum, online zugeschaltet aus Moskau. Er hatte immer wieder vor einem kostspieligen neuen Wettrüsten gewarnt, sollte der letzte grosse Abrüstungsvertrag platzen.

Bundesaussenminister Heiko Maas lobte die Einigung als ein «ein echtes «Mehr» an Sicherheit, auch für Europa». Der SPD-Politiker meinte: «Das ist eine wichtige Nachricht, mit der die neue US-Regierung ein erstes Zeichen setzt.» Die Rückschritte der vergangenen Jahre müssten dringend umgekehrt werden.

Der New-Start-Vertrag über die Begrenzung strategischer Atomwaffen wäre in wenigen Tagen ausgelaufen. Das am 5. Februar 2011 in Kraft getretene Abkommen begrenzt die Nukleararsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Es war für eine Laufzeit von zehn Jahren geschlossen worden und sah die Möglichkeit einer Verlängerung vor. Im Falle einer Nichtverlängerung hätte es erstmals seit Jahrzehnten kein Abkommen mehr gegeben, das dem Bestand strategischer Atomwaffen Grenzen setzt. Russland und die USA besitzen zusammen rund 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen.

Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, dass abgesehen von dieser Einigung keine Normalisierung in den Beziehungen mit Washington absehbar sei. «Natürlich gibt es für einen Neustart keine Voraussetzungen», sagte er. Gleichwohl hätten Putin und Biden vereinbart, die Gespräche etwa über eine Rückkehr zum Open-Skies-Abkommen über militärische Beobachtungsflüge über die Nato-Staaten und Russland zu erörtern. Nach dem Ausstieg der USA hatte auch Russland seine Mitgliedschaft dort aufgekündigt.

Die USA und Russland hatten nach Kremlangaben am Dienstag diplomatische Noten über eine Verlängerung von New Start ausgetauscht. Zuvor hatten beide Seiten ihre Bereitschaft erklärt, das Abkommen um fünf Jahre zu verlängern. Aus dem Weissen Haus hiess es, Biden und Putin hätten sich bei dem Telefonat verständigt, dass ihre Teams dringend darauf hinarbeiten sollen, die Verlängerung des Abkommens bis zum 5. Februar abzuschliessen. Der russische Part ist aus Moskauer Sicht nun erledigt.

Russland und die USA haben sich nach Angaben des Aussenministeriums in Moskau nun vor allem Zeit verschafft, um ein neues Abkommen auszuhandeln, an dem auch andere Atommächte beteiligt werden könnten. Zudem könnten weitere Waffentypen aufgenommen werden. Die ohne irgendwelche Zusätze oder Bedingungen beschlossene Verlängerung sei für beide Seiten von Nutzen, sagte Vize-Aussenminister Sergej Rjabkow in der Staatsduma. So könnten nun bilaterale Verhandlungen für einen ganzen Komplex von Fragen der strategischen Stabilität beginnen.

«Wir begrüssen die Entscheidung der Biden-Regierung, unserem Vorschlag über eine fünfjährige Verlängerung zuzustimmen», sagte er. Die Regierung von Bidens Vorgänger Donald Trump hatte sich mit Moskau in zähen Verhandlungen nicht auf eine Verlängerung verständigen können. Unmittelbar nach Bidens Vereidigung hatte das russische Aussenministerium eine Verlängerung des Vertrags um fünf Jahre ohne Vorbedingungen vorgeschlagen. Kurz darauf wurde bekannt, dass auch Biden bereit für eine solche Verlängerung sei.

Biden hatte vor seinem Amtsantritt erklärt, dass der Vertrag ein «Anker der strategischen Stabilität» zwischen den USA und Russland sei und Grundlage für neue Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle sein könne. Das Pentagon betonte vergangene Woche, eine Verlängerung diene der Verteidigung der USA. Man könne es sich nicht leisten, die Instrumente für Inspektionen und Meldepflichten zu verlieren.

Trumps Regierung hatte laut US-Medien darauf bestanden, dass das «Einfrieren» der Zahl aller Atomsprengköpfe beider Länder in den Vertrag aufgenommen werde. Die ursprüngliche Fassung legt nur die Begrenzung der Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe fest. Zudem hatte die US-Vorgängerregierung ein multilaterales Abkommen mit Beteiligung Chinas angestrebt. Peking weigert sich bisher aber, über sein relativ kleines, aber wachsendes Atomwaffenarsenal zu verhandeln.

Die Gefahr eines auch mit Atomwaffen geführten Krieges galt während Trumps Amtszeit als deutlich höher als in den vergangen drei Jahrzehnten. Grund war unter anderem das Ende des INF-Vertrags zum Verzicht auf landgestützte atomwaffenfähige Mittelstreckensysteme.

Die USA hatten das Abkommen im Sommer 2019 mit Rückendeckung der Nato-Partner mit der Begründung aufgelöst, dass Russland es seit Jahren mit einem Mittelstreckensystem namens 9M729 (Nato-Code: SSC-8) verletze. Der INF-Vertrag untersagte beiden Seiten Produktion, Tests und Besitz von bodengestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörpern mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern.

Bidens Telefonat mit Putin war das erste seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten. Dem Kreml zufolge verlief es «geschäftsmässig und offen». Kritische Töne kamen aus dem Weissen Haus. Der US-Präsident habe ausserdem diverse andere Themen angesprochen: den Ukrainekonflikt, den Giftanschlag auf den Kremlkritiker Alexej Nawalny und die Einflussnahme auf die US-Wahlen, den grossangelegten Hackerangriff auf amerikanische Behörden und Unternehmen, der nach Einschätzung von US-Sicherheitsdiensten auf das Konto Moskaus ging. Diese und weitere Themen sorgten zuletzt für heftige Spannungen zwischen Washington und Moskau.

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