Noch immer stellt sich die Frage, warum es ausgerechnet in Wien zu einem Terroranschlag gekommen ist. Ein Terrorismusexperte spricht über mögliche Gründe.
Nach dem Terrorangriff in Wien
Bewaffnete Polizisten sperren den Bereich des Tatorts nach dem Terror-Anschlag in der Wiener Innenstadt. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einem Angriff am Montagabend in der Wiener Innenstadt kamen fünf Menschen ums Leben.
  • Ein österreichischer Terrorismusexperte nennt mögliche Gründe für Wien als Schauplatz.
  • Wien sei ein «attraktives Ziel» für terroristische Anschläge.
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Wien steht unter Schock: Am gestrigen Montagabend kam es in der Wiener Innenstadt zu einem Angriff durch einen islamistischen Terroristen. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben. Zudem erlitten mehrere Personen schwere Verletzungen.

Nach dem Blutbad in Wien hat die Polizei in Österreich 14 Menschen aus dem Umfeld des erschossenen Attentäters vorläufig festgenommen. Das teilte Innenminister Karl Nehammer am Dienstag in der österreichischen Hauptstadt mit. Insgesamt 18 Wohnungen seien durchsucht worden.

Nach dem Terrorangriff in Wien
Bewaffnete Polizisten stehen Wache nach einem Schusswechsel im Stadtzentrum von Wien. - dpa

Die Frage, weswegen es ausgerechnet in Wien zu so einer Tat kam, bleibt offen. Laut Nicolas Stockhammer, Terrorismusexperte von der Universität Wien, sei die Wiederveröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in Frankreich unmittelbarer Anlass der Tat: Die terroristische Bedrohung sei seitdem für ganz Europa «graduell überall grösser», erklärt er der «Kronenzeitung».

«Relativ weiches Ziel mit vergleichsweise wenig Polizeipräsenz»

Zu den jüngst erfolgten Terroranschlägen bei Paris und in Nizza sieht der Experte einen grossen Unterschied. «Während überall nur Hieb- und Stichwaffen verwendet wurden, wurden in Wien Schusswaffen eingesetzt», so Stockhammer.

Nicolas Stockhammer Terror
Nicolas Stockhammer von der Universität Donau-Uni Krems ist Experte für Terror. - Universität Wien

Die österreichische Hauptstadt hält er einerseits für ein «relativ weiches Ziel mit vergleichsweise wenig Polizeipräsenz». In Wien sei wegen der freiheitlichen Lebensweise bewusst darauf verzichtet worden, schwer bewaffnete Sicherheitskräfte durch die Strassen patrouillieren zu lassen.

Zudem habe Wien als Sitz internationaler Organisationen «Attraktivität als terroristisches Ziel». Als diplomatische Drehscheibe, als Hauptstadt eines neutralen Landes und wegen der Lage im Herzen Mitteleuropas stehe Wien im internationalen Fokus.

«Vergleichsweise recht ausgeprägte islamistische Szene» in Österreich

Der Terrorismusexperte glaubt, dass der Anschlag wegen des bevorstehenden Lockdowns früher durchgeführt wurde als geplant. Durch die Corona-Massnahmen seien auch Ressourcen der Sicherheits- und Abwehrkräfte stärker gebunden. Wenn es sich um eine organisierte Zelle handle, könne die Planung für einen solchen Angriff nur wenige Tage bis zwei Wochen in Anspruch nehmen. Sonst würden die Anschlagsvorbereitungen länger dauern.

Nach dem Terrorangriff in Wien
Rote Rosen und eine Kerze liegen in Gedenken an die vier Opfer des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt. - dpa

Den Anschlag in Wien hält Stockhammer nicht für völlig überraschend: «Wien ist nicht die Insel der Seligen, wie es von vielen gerne oft gesehen wird.» In der Vergangenheit habe es diverse Vorfälle und den einen oder anderen vereitelten Anschlag gegeben.

Zudem habe Österreich «eine vergleichsweise recht ausgeprägte islamistische Szene». Das Land liege in Europa an vierter Stelle, «was die Migration ins sogenannte Kalifat, also nach Syrien und in den Irak, betrifft». Auch der erschossene Attentäter hatte versucht, nach Syrien auszureisen, wie Innenminister Karl Nehammer erklärte.

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