Amoklauf in Halle: Innenminister Seehofer greift AfD an
Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch richtete ein Mann in Halle (D) vor einer Synagoge ein Blutbad an.
- Die jüdische Gemeinde erhob schwere Vorwürfe gegen die Polizei.
- Auch die AfD wird mitverantwortlich gemacht, unter anderem von Innenminister Seehofer.
Ein 27-jähriger Deutscher richtete am Mittwoch vor einer Synagoge in der deutschen Stadt Halle ein Blutbad an. Der Amokläufer wollte offenbar eine Synagoge stürmen und dort ein Massaker anrichten. Bevor er gestoppt werden konnte, tötete er eine 40-jährige Frau aus Halle und einen 20-jährigen Mann aus Merseburg.
Am Freitag berichtete die deutsche «Stern», der Attentäter habe seine Tat monatelang geplant.
Am Donnerstagnachmittag informierten die Behörden an einer Pressekonferenz. Rainer Haseloff, dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, zeigte sich tief bestürzt. «Wir haben gestern einen furchtbaren Tag gehabt.»
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) versprach, die Bundesregierung werde alles zum Schutz von Juden tun. Zudem griff er die AfD an.
Seehofer bezeichnet AfD als «geistige Brandstifter»
An der Pressekonferenz zum Anschlag in Halle schloss sich Innenminister Horst Seehofer dem Urteil eines Parteikollegen an. Exponenten der AfD würden Teil eine «Geistigen Brandstiftung sein». Nicht alle Mitglieder, aber Reden einzelner Parteimitglieder seien problematisch.
Zuvor hatte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann der Partei eine Mitverantwortung an der Tat gegeben. «Das eine sind diese schrecklichen Gewalttäter, vor denen wir uns schützen müssen, das andere sind auch die geistigen Brandstifter, da sind in letzter Zeit auch einige Vertreter der AfD in unverschämter Weise aufgefallen», sagte der CSU-Politiker im Interview mit dem Bayerischen Rundfunks.
Namentlich nannte Herrmann den Thüringer AfD-Spitzenpolitiker Björn Höcke. «Höcke ist einer der geistigen Brandstifter, wenn es darum geht, wieder mehr Antisemitismus in unserem Land zu verbreiten. Darüber müssen wir jetzt die politische Auseinandersetzung konsequent führen.»
Höcke selber wurde auch auf Twitter stark angegriffen. Auch einen Tweet hin, in dem er seine Bestürzung zum Anschlag ausdrückt, wird er massenweise beschimpft.
Seehofer will Schwur gerecht werden
Seehofer erklärte zudem an der Pressekonferenz, Deutschland habe der ganzen Welt nach dem Zweiten Weltkrieg einen Schwur abgegeben. «Nie wieder», sagte Seehofer am Donnerstag in Halle. Gerade jetzt fühle man sich dem tief verpflichtet. «Diese Bundesregierung wird alles tun, dass die Juden in unserem Land ohne Bedrohung, ohne Angst leben können», versprach Seehofer.
Auf die Frage einer Journalistin, ob man den Rechtsterrorismus zu lange vernachlässig hatte, antwortete Seehofer: «Beim Thema Antisemitismus müssen wir sehr aufmerksam sein.» Die Bedrohungslage des Rechtsterrorismus sei hoch. Man müsse jederzeit mit einem Anschlag rechnen.
Der Bund müsse massiv aufgestockt werden, so dass man den Rechtsextremismus wie den Islamismus bekämpfen könne. In Deutschland sind um die 12'000 Rechtsextreme bekannt, die als Bedrohung gelten.
Lkw-Fahrer stoppte Attentäter auf der Flucht
Wie «Bild» berichtet, wurde der Täter durch einen Lkw gestoppt. Demnach wurden die Fahrer von der Polizei gebeten, falls sie sich trauen, das Taxi mit dem Täter an Bord zu blockieren.
Schlussendlich hat ein Lkw das flüchtende Auto frontal blockiert. Im nächsten Augenblick seien überall Polizeiautos gewesen.
Betroffenheit, Angst und Trauer
Beim mutmasslichen Täter soll es sich um einen bekennenden Neonazi handeln. Im Internet kursiert ein Video der Tat, welche live mit einer Helmkamera gestreamt wurde. Der Täter setzte eine vermutlich im Selbstbau hergestellte Langwaffe, eine Pistole und Sprengsätze ein.
Nach der Attacke herrscht in Deutschland der Ausnahmezustand. Die Angst vor einem erneut aufflammenden Antisemitismus in Europa ist gross.
Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte am Abend eine Solidaritätsveranstaltung an der Synagoge in der Oranienburger Strasse in Berlin.
«Wir müssen uns geschlossen jeder Form von Antisemitismus entgegenstellen», schreibt der Sprecher der Bundesregierung Steffen Siebert auf Twitter.
Schwere Vorwürfe gegen Polizei
Der Jüdische Weltkongress (WJC) verlangt nach dem Angriff auf die Synagoge einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland.
«Leider ist die Zeit gekommen, in der alle jüdischen Gebetshäuser und andere jüdische Einrichtungen eine erhöhte Sicherheit durch Sicherheitskräfte benötigen.» Dies sagte der WJC-Vorsitzende Ronald Lauder am Mittwoch. Es seien «Taten statt Worte» nötig.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erhob nach dem Angriff Vorwürfe gegen die Polizei. «Dass die Synagoge in Halle an einem Feiertag wie Jom Kippur nicht durch die Polizei geschützt war, ist skandalös. Diese Fahrlässigkeit hat sich jetzt bitter gerächt.»
Laut dem jüdischen Forum, ist es einem ehrenamtlichen Sicherheitsmann zu verdanken, dass sich der Attentäter keinen Zugang zur Synagoge verschaffen konnte.
Auf dem Sicherheits-Monitor habe Max Privorozki den Angreifer bemerkt. «Ich habe gesehen wie er jemanden erschossen hat und versucht hat die Tür aufzubrechen, aber die Tür war stärker als seine Waffen.» Als die Polizei dann eingetroffen sei, war der Täter schon weg.