Kreml nennt Nawalny-Unterstützer «Provokateure»
Der Kreml bleibt nach den beispiellosen Protesten in Russland hart. Einen Dialog mit den Unterstützern des Oppositionellen Nawalny lehnt der Machtapparat ab. Wie geht es weiter?
Das Wichtigste in Kürze
- Nach neuen Massenprotesten in Russland gegen die Inhaftierung des Oppositionellen Alexej Nawalny hat der Kreml Demonstranten als «Rowdys» und «Provokateure» bezeichnet.
Von ihnen habe es eine «ziemlich grosse Anzahl» gegeben, sagte Sprecher Dmitri Peskow in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Sie hätten ein «mehr oder weniger aggressives Verhalten» gegenüber den Behörden gezeigt. Mit solchen Leuten könne es keinen Dialog geben, meinte Peskow. Es sei vielmehr notwendig, die «volle Härte des Gesetzes» anzuwenden. Kritik am Vorgehen der Behörden kam auch aus Deutschland.
Bei den landesweiten Demonstrationen für eine Freilassung Nawalnys gab es am Sonntag Menschenrechtlern zufolge mehr als 5400 Festnahmen - so viele wie noch nie in der jüngeren Geschichte Russlands. Darunter war auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja, die am Montag zu 20.000 Rubel (219 Euro) Geldstrafe verurteilt wurde. Allein in Moskau wurden den Behörden zufolge 14 Verletzte im Krankenhaus behandelt.
Auslöser der beispiellosen Proteste war die Festnahme Nawalnys vor gut zwei Wochen nach seiner Rückkehr aus Deutschland. An diesem Dienstag entscheidet ein Gericht in Moskau, ob eine Bewährungsstrafe gegen Nawalny in eine echte Haft umgewandelt werden soll. Die Generalstaatsanwaltschaft sprach sich für die Verhängung einer Haftstrafe aus. In der Regel setzt sich die Generalstaatsanwaltschaft mit ihrer Forderung durch. Die Opposition rief zu Protesten auf.
Der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin verteidigte das Vorgehen der Sicherheitskräfte am Sonntag. «Natürlich muss die Polizei Massnahmen gegen Teilnehmer dieser illegalen Kundgebungen ergreifen», sagte Peskow. Die Proteste waren von den Behörden nicht genehmigt.
Menschenrechtler beklagten dagegen ein «unverhältnismässig brutales Vorgehen» der Einsatzkräfte gegen Demonstranten. Polizisten setzten demnach auch Elektroschocker ein und steckten Demonstranten mitunter rabiat in Polizeibusse. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sagte dazu in Berlin: «Die Welle von Verhaftungen und Polizeigewalt gegenüber friedlichen Demonstrierenden und Journalisten in Russland ist eine eklatante Missachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der russischen Verfassung.»
Lettlands Staatspräsident Egils Levits sprach sich für neue EU-Sanktionen gegen Moskau aus. Frankreich forderte einen Baustopp der umstrittenen deutsch-russischen Ostseepipeline Nord Stream 2.
Dem Portal Owd-Info zufolge kamen mehr als 90 Journalisten in Polizeigewahrsam. Peskow meinte dazu, dies habe keinen «Massencharakter» gehabt. Der Deutsche Journalistenverband rief Aussenminister Heiko Maas dazu auf, den russischen Botschafter in Berlin einzubestellen. «Deutschland darf angesichts dieser Gewalt nicht schweigen.» Die Organisation Reporter ohne Grenzen mahnte einen besseren Schutz von Medienvertretern an.