Nicht Carola Rackete: Das Problem für Salvini sind die Schlepper
An Rackete will Salvini ein medienwirksames Exempel statuieren. Doch ein viel grösseres Problem hat Italiens Innenminister mit neuen Strategien der Schlepper.
Das Wichtigste in Kürze
- Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete soll in Italien angeklagt werden.
- Gleichzeitig kommen weiterhin viele Flüchtlinge übers Mittelmeer nach Italien.
- Schlepper setzten immer mehr auf die Mutterschiff- und Jacht-Methode.
Italiens Innenminister Matteo Salvini donnert und wütet: Carola Rackete sei eine «Kriminelle» die ein «Piratenschiff» gesteuert habe. Für ihn ist klar: Sie gehöre ins Gefängnis.
Schon zuvor bezeichnete Salvini die Seenotretter immer wieder als Komplizen der Schmuggler. Sie würden die Migranten auf die gefährliche Fahrt ins Mittelmeer schicken. Nun scheint er an Rackete medienwirksam ein Exempel statuieren zu wollen.
Doch Zahlen zeigen, Salvini hat ein noch viel grösseres Problem, als die Seenotretter. Zwei Wochen tuckerte die «Sea-Watch 3» ausserhalb der Hoheitsgewässer vor Lampedusa herum.
Laut offiziellen Zahlen des italienischen Innenministeriums kamen gleichzeitig 312 Menschen über das Mittelmeer ins Land. Also rund sechs Mal so viele, wie auf dem Schiff von Rackete. Dies schreibt «Tagesschau.de».
Eine Zahl, über die Salvini nicht gerne redet. Denn sie zeigt, dass seine Strategie der geschlossenen Häfen nicht die erhoffte Wirkung hat.
Schlepper haben Strategie verändert
Seit einigen Wochen beobachtet das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR, dass die Menschenschlepper ihre Strategien angepasst haben. Gemäss Federico Fossi vom UNHCR führe die Schliessung der Häfen dazu, «dass die Schlepper jetzt verstärkt Methoden nutzten, die es den Passagieren erlauben sollen, direkt ins Zielland zu kommen, ohne abgefangen zu werden.»
Dabei komme immer öfters der sogenannte Mutterschiff-Trick zum Einsatz. Dabei werden die Flüchtlinge unter Deck eines grösseren Schiffes versteckt. Dann fährt das Mutterschiff in italienisches Hoheitsgewässer und setzt die Menschen in kleine Holz- oder Kunststoffboote.
Weil sich die kleinen Boote in italienischen Gewässern befinden, muss die Küstenwache die aufgegriffenen Flüchtlinge in einen ihrer Häfen bringen.
Schlepper, die von der Türkei und Griechenland aus operieren, setzten gemäss UNHCR derzeit auch auf die Jacht-Methode. Flüchtlinge und Migranten würden dabei auf Segelschiffen nach Italien geschleust.
Das setze die Küstenwache vor grosse Schwierigkeiten, «weil diese Boote sozusagen getarnt sind zwischen den vielen anderen Segelbooten, die im Sommer auf dem Mittelmeer unterwegs sind», so Fossi.
Gefahr zu sterben immer noch hoch
Trotz besserer Schiffe und angepassten Methoden der Schlepper sei für die Flüchtenden die Gefahr zu sterben immer noch sehr hoch. Laut dem Flüchtlingshilfswerk komme derzeit jeder sechste Flüchtling und Migrant, der versucht von Libyen aus Italien oder Malta zu erreichen, ums Leben.