Oppositioneller Ruhollah Sam im Iran hingerichtet
Die iranische Regierung hat den Oppositionellen Ruhollah Sam hinrichten lassen und mit der Exekution international Empörung ausgelöst.
Das Wichtigste in Kürze
- EU und Bundesregierung verurteilen Vollstreckung der Todesstrafe.
Sam sei wegen seiner führenden Rolle bei Protesten gegen die Regierung in Teheran im Winter 2017/18 am Samstagmorgen gehängt worden, berichtete das iranische Staatsfernsehen. Aus der EU sowie von den Organisationen Amnesty International und Reporter ohne Grenzen kam scharfe Kritik an der Vollstreckung der Todesstrafe.
Das Urteil gegen Sam, der lange in Paris im Exil gelebt hatte, war nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens wegen «der Schwere der Verbrechen» gegen die Islamische Republik vom Obersten Gericht aufrechterhalten worden.
Die iranischen Revolutionsgarden hatten im Oktober 2019 die Festnahme Sams gemeldet, der in Frankreich als Flüchtling anerkannt war. Angaben zum Ort oder dem Zeitpunkt der Festnahme machten die Revolutionsgarden damals nicht. Sam sei «vom französischen Geheimdienst gesteuert» gewesen und von den USA und Israel unterstützt worden, hiess es von iranischer Seite.
Aus dem französischen Exil betrieb Sam lange den regierungskritischen Kanal Amadnews im Kurzmitteilungsdienst Telegram. Zu den Anklagepunkten gehörten «Verbrechen gegen die innere und äussere Sicherheit» und «Spionage für den französischen Geheimdienst». Vorgeworfen wurde ihm auch Beleidigung des Islam.
Die Europäische Union verurteilte den Vollzug der Todesstrafe «auf das Schärfste», wie eine Sprecherin des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell am Samstag mitteilte. Die Todesstrafe sei unter allen Umständen abzulehnen. Ausserdem müsse die iranische Regierung sicherstellen, dass Angeklagte einen fairen Prozess erhalten.
Auch die Bundesregierung übte scharfe Kritik: Berlin sei «entsetzt über die Hinrichtung», erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Die Todesstrafe sei «eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung, die wir unter allen Umständen ablehnen». Die Bundesregierung sei auch «schockiert über die Umstände unter denen die Verurteilung erfolgt ist, besonders die vorausgehende Verschleppung aus dem Ausland».
Das französische Aussenministerium sprach von einem «schwerwiegenden Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit». Es prangerte einen «barbarischen und inakzeptablen Akt an, der im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen des Irans steht».
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die Sam als «Journalist und Regimekritiker» bezeichnete, hatte nach seiner Verurteilung versucht, gegen die Vollstreckung der Todesstrafe zu intervenieren. Sie hatte die EU dazu aufgerufen, sich bei Irans geistlichem Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei für Sam einzusetzen.
Es handle sich um eine «schockierende Eskalation in Irans Einsatz der Todesstrafe als Waffe der Unterdrückung», verurteilte die Organisation die Hinrichtung.
Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigte sich am Samstag «schockiert» über die Vollstreckung des Urteils. «RSF ist empört über dieses neue Verbrechen der iranischen Justiz», schrieb die Organisation auf Twitter.
RSF hatte Teheran vorgeworfen, Sam bei einer Reise nach Bagdad im Oktober 2019 entführt zu haben, um ihn im Iran vor Gericht stellen zu können. Sam ist einer von mehreren Oppositionellen, die wegen ihrer Teilnahme an oder der Verbindung zu regierungskritischen Protesten in den Jahren 2017/18 und 2019 zum Tode verurteilt wurden.
Bei den Protesten in zahlreichen iranischen Städten zwischen Dezember 2017 und Januar 2018 wurden mindestens 25 Menschen getötet. Die Demonstrationen, die zunächst als Proteste gegen die hohen Lebenserhaltungskosten begonnen hatten, nahmen bald eine politische Wendung.
Nach Angaben von Amnesty International hat der Iran im vergangenen Jahr mindestens 251 Menschen hingerichtet, das ist die weltweit zweithöchste Zahl bei der Vollstreckung von Todesurteilen. Die meisten Hinrichtungen fanden demnach in China statt.