Vor rund eineinhalb Monaten kam es in Österreich zur Regierungskrise. Doch wie ist der Stand jetzt? Der Politologe Reinhard Heinisch gibt Auskunft.
Heinz-Christian Strache
Österreichs ehemaliger Vizekanzler Heinz-Christian Strache. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor rund anderthalb Monaten kam es in Österreich zu Regierungskrise.
  • Mittlerweile ist die Alpenrepublik wieder etwas zur Ruhe gekommen.
  • Politologe Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg gibt eine Einschätzung.
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Am 17. Mai blickte die Welt plötzlich auf Österreich. Deutsche Medien veröffentlichten ein Video, dass den damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache zeigte. Der rechtspopulistische FPÖ-Politiker versprach darin öffentliche Aufträge an eine falsche Oligarchin im Gegenzug für Wahlkampfhilfe.

Was passierte, im Zeitraffer: Der konservative Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP wurde vom Parlament abgewählt, nun regiert in Österreich eine Übergangsregierung. Bei der FPÖ, die im Fokus stand, gab es ebenfalls Wechsel.

Strache trat vom Vorsitz seiner rechtspopulistischen Partei zurück. Nun ist der gemässigtere Norbert Hofer an der Spitze, flankiert vom ehemaligen Bundesminister des Inneren, Herbert Kickl.

Reinhard Heinisch FPÖ Österreich
Reinhard Heinisch Leiter der Abteilung Politikwissenschaft an der Universität Salzburg. - zVg

Politologe Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg forscht zu europäischem Rechtspopulismus und hat die FPÖ genauer untersucht und spricht mit Nau über die Folgen der Affäre.

Nau.ch: Wie steht die FPÖ nach dem Skandal nun da – konnte sie den Vorfall gar zu ihren Gunsten nutzen?

Reinhard Heinisch: Ich würde nicht sagen, dass die FPÖ davon profitiert hat. Jedoch könnte sie bei den kommenden Nationalratswahlen stärker abschneiden, als man erwarten würde. Die Partei hat einerseits eine clevere Kampagne, in dem sie auf die Illegalität des Videos zielt, anderseits bedient die Doppelspitze die beiden Zielgruppen. Also die Hardliner wie auch die Gemässigteren.

Kanzler Sebastian Kurz Interview
Der ehemalige Kanzler Sebastian Kurz während des Misstrauensantrags. - Keystone

Nau.ch: Und wie schlägt sich die Übergangsregierung?

Heinisch: Es ist mittlerweile still um die Übergangsregierung geworden. Anfangs war die Hoffnung da, dass diese Regierung zu einem Gegenprogramm zu Kurz wird. Jedoch hält sich die Regierung sehr zurück und profiliert sich nicht. Eine profilierte Mittepartei könnte aber zu einer Bedrohung für Kurz werden.

Nau.ch: Wie wahrscheinlich ist es, dass Kurz und die ÖVP ein Comeback schafft?

Heinisch: Ich gehe von einem Wahlsieg von Kurz aus. Kurz kann sich voll auf den Wahlkampf konzentrieren. Derweil ist Opposition, etwa die SPÖ, sehr geschwächt. Die SPÖ vermochte auch nicht, den Ibiza-Skandal zu ihrem Vorteil zu nutzen.

Ernennung der neuen Regierung in Österreich
Brigitte Bierlein, Bundeskanzlerin von Österreich, und Alexander Van der Bellen, Bundespräsident von Österreich, sitzen während der Vereidigung der neuen Regierung Österreichs an einem Tisch - DPA

Nau.ch: Wie hat sich die Affäre auf die österreichische Demokratie ausgewirkt?

Heinisch: Die Demokratie wurde gestärkt. 2016, bei der Wahl des Bundespräsidenten, gab es eine grosse Diskussion. Es wurde die Frage gestellt, warum es diese dritte Kraft des Bundespräsidenten neben Parlament und Regierung braucht. Heute stellt dies keiner mehr infrage. Auch die Verfassung hat sich bewährt. Zudem kann man sagen, dass es einen Innenminister wie Kickl nicht mehr geben würde. Man ist sensibler geworden. Das hilft der Demokratie.

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