Osterferien sind erster Härtetest für deutschen Luftverkehr
Ostern ist der erste Reisehöhepunkt im Jahr. Die Luftverkehrsbranche will in diesem Jahr vieles besser machen als 2018. Aber das System arbeitet an seinen Grenzen.
Das Wichtigste in Kürze
- In den kommenden Tagen wird es ernst an den deutschen Flughäfen.
Wenn zum Wochenende (13./14. April) die Osterferien in allen grösseren Bundesländern beginnen, drängen schon ab Donnerstag Hunderttausende Passagiere gleichzeitig an die Gates.
Weil der grosse Andrang im vergangenen Sommer zum beträchtlichen Chaos in Europas Luftraum beigetragen hat, soll in dieser Saison alles besser werden, haben Airlines, Behörden und Flughäfen versprochen. Doch weiter bestehende Personalengpässe bei der Flugsicherung und neue Probleme beim Fluggerät lassen keine Euphorie aufkommen.
Auf einem Luftfahrtgipfel hatten die Beteiligten Ende März in Hamburg konkrete Massnahmen angekündigt, zugleich aber Erwartungen gedämpft. «In diesem Sommer können wir noch nicht alle glücklich machen», erklärte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hinterher und sprach von unvermeidbaren «Ruckeleien». Nach Einschätzung der Deutschen Flugsicherung (DFS) wird der Flugverkehr im deutschen Luftraum auch in diesem Jahr wachsen, und zwar um rund 4 Prozent nach dem Rekordwert von 3,4 Millionen Flugbewegungen im Chaosjahr 2018.
Der Flughafenverband ADV sieht seine Mitglieder gut vorbereitet: Allerorten werde das Personal aufgestockt, Prozesse würden optimiert. Auch werde den bislang beengten Passagier- und Handgepäckkontrollen mehr Platz eingeräumt. Die Bundespolizei hat in den vergangenen Monaten erfolgreich neue Kontrollspuren getestet, die mit einfachen Konstruktionen die Zahl der stündlich zu kontrollierenden Passagiere mehr als verdoppeln kann.
Einziger Haken: Diese neuen Kontrollspuren stehen mit wenigen Ausnahmen in München, Hamburg und Frankfurt noch nirgendwo zur Verfügung. Am grössten deutschen Flughafen in Frankfurt wird für sieben neue Spuren ein eigener Anbau errichtet, der aber frühestens im Sommer bereit ist. Bis dahin setzen die Beteiligten auf Verbesserungen im Detail.
Der Frankfurter Flughafenchef Stefan Schulte hält ohnehin an der Forderung fest, die bislang von der Bundespolizei angeleiteten privaten Kontrolleure künftig selbst zu steuern. Beim Gipfel hatte es für einigen Unmut gesorgt, dass in Berlin die beiden bestellten Gutachten zu diesem sicherheitsrechtlich heiklen Thema immer noch nicht vorliegen.
Die Airlines hatten mit ihren engen Flugplänen im vergangenen Jahr kräftig zu Verspätungen und Flugausfällen beigetragen, weil sie nach der Pleite von Air Berlin möglichst grosse Marktsegmente besetzen wollten. Lufthansa, ihre Tochter Eurowings, Condor und Co. haben sich im laufenden Jahr beschränkt und stellen deutlich mehr Reserveflugzeuge und Crews bereit. Allein der Lufthansa-Konzern wendet nach Angaben von Vorstand Detlef Kayser eine Viertel-Milliarde Euro für einen stabileren Betrieb auf.
Wegen der Probleme um Boeings Pannenflieger 737 Max sind Mittelstreckenflugzeuge in Europa allerdings schon jetzt ein knappes Gut. Nach dem Absturz einer Boeing in Äthiopien hatten zahlreiche Länder rund um den Globus, darunter Deutschland, Flugverbote für diesen Typ erlassen. Neben der Billig-Airline Norwegian ist insbesondere der Reisekonzern TUI getroffen, dem 23 fest eingeplante Jets auf ungewisse Zeit bis zur Wiederfreigabe des Flugzeugtyps fehlen. Auf 200 Millionen Euro hat TUI-Chef Friedrich Joussen die Mehrkosten bis Mitte Juli beziffert, wenn auslaufende Leasingverträge verlängert und neue Mietverträge abgeschlossen werden. Bleiben die Boeings noch länger am Boden, wird es schnell noch teurer.
Die mit Abstand grösste Baustelle bleibt derweil vorerst die bundeseigene Deutsche Flugsicherung GmbH, bei der rund 2000 Lotsen arbeiten. Wie viele zur Bewältigung der kommenden Verkehrsspitzen insbesondere im oberen Luftraum fehlen, ist umstritten: DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle beziffert die Lücke auf 90 Leute, während die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) mindestens 200 neue Kollegen will.
Ihr Vorsitzender Matthias Maas wirft Scheurle vor, die Ausbildung seit seinem Amtsantritt 2013 kaputt gespart zu haben und auch seit der Sommer-Krise nicht entschlossen genug umzusteuern. Der DFS-Chef verweist hingegen auf eine Reihe von bereits eingeleiteten Massnahmen, die Flüge zu bündeln und effizienter zu ordnen. Auch wurden fertig ausgebildete Lotsen aus dem Ausland angeworben und die Kapazität der eigenen Ausbildungsakademie hochgefahren. Kurzfristig benötigt die DFS aber die Mehrarbeit ihrer Bestandslotsen und dafür wiederum die Kooperation der GdF. Eine Einigung dazu steht noch aus.