Österreich: Gerichtshof prüft Haft für Ex-Finanzminister
Der Oberste Gerichtshof in Wien berät über die achtjährige Haftstrafe für den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser wegen Korruption.

Muss der ehemalige österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser wegen Korruption acht Jahre lang ins Gefängnis? Darüber berät der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien in einem Berufungsprozess.
Der ehemalige FPÖ-Politiker Grasser war im Jahr 2020 im Zusammenhang mit dem Verkauf von etwa 60'000 staatlichen Wohnungen wegen Untreue, Geschenkannahme und Beweismittelfälschung schuldig gesprochen worden.
Wie eine OGH-Richterin am Vormittag ausführte, sah es die Vorinstanz als erwiesen an, dass im Zuge dieser Privatisierung insgesamt 9,6 Millionen Euro an Bestechungsgeld an Grasser und andere verurteilte Angeklagte flossen – etwa ein Prozent des Verkaufserlöses.
Grasser hatte demnach zuvor einem Mitbieter den entscheidenden Tipp über die nötige Höhe des Angebots zum Erwerb der Immobilien gegeben. Grasser sei laut dem Ersturteil «unmittelbarer Täter», sagte die OGH-Richterin. In erster Instanz wurde Grasser auch im Zusammenhang mit einer Provision für einen Mietvertrag von Finanzbehörden in Linz verurteilt.
Politischer Ziehsohn von Jörg Haider
Grasser war von 2000 bis 2007 Finanzminister in konservativ-rechten Koalitionsregierungen. Der einst beliebte Politiker gilt als politischer Ziehsohn des Rechtspopulisten Jörg Haider. Grasser hat die Vorwürfe gegen ihn stets zurückgewiesen.
Vor der Verhandlung am Obersten Gerichtshof äusserte er sich nicht gegenüber anwesenden Journalisten. Sein Anwalt sprach von «durchwegs politisch motivierten» Anschuldigungen.
Der Oberste Gerichtshof wird voraussichtlich bis spätestens Dienstag über die Berufungen von Grasser und den anderen sechs Verurteilten entscheiden. Die Richterinnen und Richter können das ursprüngliche Urteil bestätigen, sie können es aber auch teilweise oder im Ganzen aufheben.
Das Gericht hat auch die Möglichkeit, die Strafen zu verkürzen.