Polioviren im Abwasser deutscher Städte entdeckt
Erreger der Kinderlähmung wurden in vier deutschen Grossstädten nachgewiesen. Gesundheitsbehörden betonen, dass das Infektionsrisiko gering bleibt.
In vier deutschen Städten sind Polioviren im Abwasser gefunden worden. Betroffen sind München, Bonn, Köln und Hamburg.
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat diese Entdeckung in seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin bekanntgegeben. Bei den nachgewiesenen Erregern handelt es sich nicht um den Wildtyp des Poliovirus.
Viren durch Schluckimpfung
Es sind Viren, die von der Schluckimpfung gegen Kinderlähmung stammen. Diese Impfung wird in Deutschland seit 1998 nicht mehr verwendet.
Die Viren wurden wahrscheinlich von Menschen eingeschleppt. Diese haben in ihren Herkunftsländern wie Afrika oder Asien die Schluckimpfung erhalten.
Geimpfte können die Erreger bis zu sechs Wochen lang ausscheiden.
Risikobewertung und Massnahmen
Das RKI betont, dass das Infektionsrisiko gering bleibt. Gründe dafür sind die hohe Impfquote von 90 Prozent und gute Hygienebedingungen in Deutschland.
Trotzdem rät das Institut zur Vorsicht. Bestehende Impflücken sollten geschlossen werden, empfiehlt das RKI.
Lähmungen ohne Verletzungen
Medizinisches Personal soll besonders auf Symptome der Kinderlähmung achten. Dazu gehören akute schlaffe Lähmungen, die nicht durch Verletzungen verursacht wurden.
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann äussert sich zur Situation.
«Die Nachweise von Polioviren im Abwasser zeigen, dass unsere Frühwarnsysteme offenbar immer besser funktionieren», sagt er laut einer Pressemitteilung.
Internationale Situation
Auch in anderen europäischen Ländern wurden kürzlich Polioviren entdeckt. In Barcelona und Warschau fand man sie ebenfalls in Abwasserproben.
Diese Funde zeigen, dass das Virus trotz hoher Impfquoten in westlichen Ländern nachweisbar ist.
Weltweit konnten die Poliofälle durch Impfkampagnen um mehr als 99 Prozent reduziert werden. In Deutschland wurde der letzte Fall 1990 registriert.