Absperrgitter, Demonstrationsverbot und Festnahmen - in Istanbul gingen Menschen trotz Hindernissen für vielfältige Formen von Identität auf die Strasse. Die Polizei reagierte hart.
In Istanbul haben sich Hunderte Menschen zur Pride-Parade versammelt. Foto: Emrah Gurel/AP/dpa
In Istanbul haben sich Hunderte Menschen zur Pride-Parade versammelt. Foto: Emrah Gurel/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Trotz Demonstrationsverbots und massiver Polizeipräsenz haben sich in Istanbul Hunderte Menschen zur Pride-Parade versammelt.
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Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstrierende ein, die am Samstag durch das europäische Zentrum der Stadt liefen, wie eine dpa-Reporterin berichtete.

Auch Plastikgeschosse wurden Berichten zufolge in die Menge gefeuert. Mehrere Menschen wurden nach Angaben der Veranstaltenden festgenommen. Unter dem Motto «Die Strasse gehört uns» hatten verschiedene Zusammenschlüsse zu der Parade aufgerufen. Die Protestierenden kritisierten unter anderem ein zunehmend LGBTQI+-feindliches Klima im Land.

LGBTQI+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-, Inter- und queere Menschen und das Pluszeichen als Platzhalter für weitere Identitäten.

Unter den Festgenommenen am Samstag war auch ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP. Aufnahmen zeigen, wie Polizisten den Fotojournalisten Bülent Kilic mit dem Gesicht nach unten auf den Boden drückten und sich auf ihn knieten. Polizisten stellten sich mit Schildern um die Szene, um den Blick zu versperren.

Kilic, der inzwischen wieder frei ist, kündigte auf Twitter an, vor Gericht zu ziehen. Diejenigen, die versucht hätten, ihm den Atem zu rauben, müssten sich dafür verantworten. Die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte das Vorgehen gegen den Fotografen scharf.

Demonstration kurz vor Beginn untersagt

Bereits am Vortag der Pride-Parade waren rund um den Veranstaltungsort Absperrgitter aufgestellt worden. Die Demonstration wurde wenige Stunden vor dem geplanten Beginn von dem von Ankara eingesetzten Landrat untersagt. Die Anordnung erging unter Berufung auf das Demonstrationsgesetz.

Sie wurde unter anderem damit begründet, dass es mögliche Verstösse gegen die «Moral» geben könnte und man möglichen Straftaten vorbeugen wolle. Milena Büyüm von Amnesty International bezeichnete das Verbot auf Twitter als rechtswidrig und warf der Polizei «exzessive» Gewaltanwendung vor.

Die Pride-Parade in der türkischen Millionenmetropole konnte mehr als zehn Jahre lang bei stetig wachsenden Teilnehmerzahlen unbehelligt stattfinden. 2015 wurde sie, damals mit Verweis auf den für Muslime heiligen Fastenmonat Ramadan, zum ersten Mal verboten.

«In der Türkei sind wir seit 2015 mit einem radikalen Wandel der Regierungspolitik gegenüber LGBTQI+ Menschen konfrontiert. Der Staat hat den LGBTQI+-Menschen sozusagen den Krieg erklärt», sagte Yildiz Tar von der Organisation Kaos GL der Deutschen Presse-Agentur. Die Regierung übe eine Politik aus, die darauf abziele, die Feindschaft gegenüber LGBTQI+ im «gesamten Volk zu verbreiten». Hassverbrechen würden nicht bestraft und nähmen stetig zu. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat LGBTQI+ in der Vergangenheit immer wieder verbal angegriffen.

Zu Beginn der Woche war in Istanbul zudem ein Picknick anlässlich der sogenannten Pride-Week untersagt worden. Mehreren Berichten zufolge beschlagnahmte die Polizei Utensilien in Regenbogenfarben. Im vergangenen Jahr hatte das Handelsministerium angeordnet, Produkte mit Regenbogenfahnen und anderen Symbole für sexuelle und Gender-Vielfalt als ungeeignet für Menschen unter 18 Jahren zu kennzeichnen.

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