Prozess gegen Essener Oberarzt wegen Totschlagsverdachts begonnen
Gegen einen Oberarzt des Essener Universitätsklinikums hat am Dienstag ein Prozess wegen des Verdachts des Totschlags vor dem Landgericht der nordrhein-westfälischen Stadt begonnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Andreas B. soll Schwerkrankem tödlichen Medikamentencocktail gespritzt haben.
Nach der Verlesung der Anklage gab die Verteidigung eine Erklärung ab, in welcher der Tatvorwurf bestritten wurde, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Die Staatsanwaltschaft legt Andreas B. zur Last, im November einem 47-jährigen schwerkanken Patienten eine tödliche Kombination von Medikamenten verabreicht zu haben.
«Der Angeklagte will sich im weiteren Verlauf voll zur Sache einlassen», erklärte der Sprecher. Allerdings wolle sich B. erst nach Erklärungen zu seinem Beruf und seinen Fachgebieten zum Tatvorwurf äussern. Zeugen waren zum ersten Verhandlungstag nicht geladen.
Der Beschuldigte aus Detmold hatte seit Februar vergangenen Jahres als Arzt am Uniklinikum Essen gearbeitet. Nach Gerichtsangaben war er zunächst im Bereich der Kardioaanästhesie tätig und wechselte im Juli in den Teil der Intensivstation, in dem auch Covid-19-Patienten behandelt wurden. Dabei sei er auch in die Sterbebegleitung von schwerstkranken Patienten eingebunden gewesen.
Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, einem 47 Jahre alten Niederländer, der wegen einer Lungenentzündung bei einer Covid-19-Infektion von Venlo nach Essen verlegt worden war, eine «kombinierte, überdosierte» Injektion verabreicht zu haben. Demnach spritzte er dem Mann vier verschiedene Mittel. Die Injektion soll unabhängig von der schweren Grunderkrankung des Manns «unmittelbar» zum Tod des Patienten geführt haben.
Zuvor habe der Angeklagte die Ehefrau und den Bruder des Patienten auf die Aussichtslosigkeit der Therapie hingewiesen und eine palliative Sterbebegleitung besprochen. Die Ehefrau sei wegen des «ihr suggerierten kurz bevorstehenden Tods» damit einverstanden gewesen, den Organersatz zu beenden. Die Staatsanwaltschaft gehe hingegen davon aus, dass eine Weiterführung der Therapie möglich gewesen wäre.
Für das Verfahren sind zunächst 15 Verhandlungstermine bis Ende November angesetzt. Die Frau des gestorbenen Patienten tritt als Nebenklägerin auf. Der Angeklagte befindet sich seit dem 18. November in Untersuchungshaft.
B. werden noch zwei weitere Fälle des Totschlags zur Last gelegt, die nach Gerichtsangaben «ähnlich gelagert sind». In diesen beiden Fällen hätten die Beweise bisher jedoch nicht für die Eröffnung eines Prozesses gereicht.