Krieg

Randalierer sprechen: «Manche von uns sind bewaffnet»

Antun Boskovic
Antun Boskovic

Frankreich,

Nach den tödlichen Schüssen durch Polizisten auf Nahél (†17) stürzt Frankreich ins Chaos. Die Randalierer sind hässig auf Macron, nennen Polizisten Rassisten.

Marseille Frankreich Krawalle Nahél
Demonstranten stossen nach einer Demonstration zum Gedenken an den 17-jährigen Nahel, der von der französischen Polizei getötet wurde, in Marseille, Frankreich, am 30. Juni 2023 mit der Polizei zusammen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit dem Tod von Nahél (†17) herrscht in Frankreich Chaos.
  • Die meisten Randalierer haben ihre Wurzeln in den Maghreb-Staaten.
  • Sie halten die Polizisten für Rassisten: «Deshalb kämpfen wir», sagt einer von ihnen.

Seit den tödlichen Schüssen durch die Polizei auf Nahél M. (†17) herrscht auf den Strassen Frankreichs Chaos. Der Teenager war vor einer Polizeikontrolle geflüchtet. Einer der Polizisten sah nach eigenen Angaben Gefahr für weitere Menschenleben – deshalb habe er geschossen.

Eine der Städte, in der seither täglich randaliert wird, ist Marseille. Die Randalierer kommen dort vermummt, zum Teil mit Schlagstöcken bewaffnet. Sie plündern, zerstören und legen Feuer.

«Heute Nacht wird es wieder abgehen. Die Bullen haben keine Chance. Wir nehmen uns, was uns gehört», erklärt der 18-jährige Ismael gegenüber der «Bild». Dieser komme seit drei Nächten aus einem Vorort Marseilles in die Altstadt.

Randalierer: Polizisten sind «Rassisten»

Zusammen mit Hunderten anderen Jugendlichen plündert und zerstört er Supermärkte und Geschäfte im Zentrum der zweitgrössten französischen Stadt. «Es ist Krieg! Wir gegen die», sagt Ismael.

Und weiter: «Ihr habt doch gesehen, was sie mit Nahél gemacht haben. Einfach gekillt. Das sind Rassisten. Deshalb kämpfen wir.»

Der 18-Jährige ist Franzose und arbeitslos. Seine Eltern sind aus Marokko nach Frankreich ausgewandert. Ohnehin haben die meisten jungen Männer, die sich in Marseille mit der Polizei Schlachten liefern, ihre Wurzeln in Maghreb-Staaten. Also etwa aus Marokko, Tunesien oder Algerien.

Von den rund 900'000 Einwohnern Marseilles sind über 40 Prozent Migranten. Die Hafenstadt kämpft schon länger mit hoher Jugendarbeitslosigkeit, Drogenhandel und Strassenkriminalität.

Erst vor rund drei Monaten starben drei junge Männer im Alter zwischen 16 und 23 Jahren. Nach einer Schiesserei unter Drogendealern.

«Wir haben hier keine Zukunft»

«Wir sind nicht bewaffnet, aber andere von uns», erklärt Ismael der deutschen Zeitung. Das Ganze sei noch lange nicht zu Ende: «Wir haben hier keine Zukunft, keine Arbeit. Scheiss Macron!»

Verfolgen Sie die Geschehnisse rund um die Krawalle in Frankreich?

Auch der 22-jährige Karim ist in Marseille geboren und nimmt an den Protesten teil. Seine Eltern stammen aus Algerien. Im Gegensatz zu Ismael ist er nicht arbeitslos: er liefert Gemüse und Fleisch an Restaurants.

«Wir plündern nicht, aber wir wehren uns auch gegen diese Rassisten von Cops. Für die sind wir doch nur Dreck», erklärt Karim. Sie würden demonstrieren und die Polizisten würden mit Gaspatronen schiessen. «Die können uns nicht kleinbekommen: Morgen Abend sind wir wieder hier.»

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