Recep Tayyip Erdogan schickt seinen Kronprinzen vor

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Deutschland,

Berat Albayrak, Erdogans Kronprinz, reist nach Berlin, um den Staatsbesuch vorzubereiten. Er gilt als enger Vertrauter des türkischen Präsidenten.

Berat Albayrak, Finanzminister der Türkei und Schwiegersohn von Erdogan, spricht bei einer Pressekonferenz.
Berat Albayrak, Finanzminister der Türkei und Schwiegersohn von Erdogan, spricht bei einer Pressekonferenz. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Erdogans enger Vertrauter Berat Albayarak reist nach Berlin.
  • Eine Woche vor Erdogans Besuch soll er alles vorbereiten.

Es war ein grosser Karrieresprung für Berat Albayrak, als Präsident Recep Tayyip Erdogan ihn nach seinem erneuten Wahlsieg Ende Juni zum Finanz- und Wirtschaftsminister ernannte. Für den jungenhaft wirkenden 40-Jährigen, der mit Erdogans Tochter Esra verheiratet ist und schon lange als dessen Kronprinz gilt, war dies ein weiterer Schritt nach oben. Nun schickte Erdogan seinen Schwiegersohn nach Berlin, um seinen Staatsbesuch Ende nächster Woche vorzubereiten.

Albayrak gilt als enger Vertrauter des Präsidenten. Bei offiziellen Terminen ist er regelmässig an der Seite Erdogans zu sehen, fährt mit ihm in der Limousine, verbringt mit ihm den Urlaub. Der Präsident hört auf Albayrak, doch zugleich ist dieser auch völlig von ihm abhängig.

Albayrak hatte in der im Textil-, Energie- und Bausektor aktiven Calik Holding Karriere gemacht und war mit nur 37 Jahren zum Energieminister ernannt worden. Schon bald ging sein Einfluss über das Ressort hinaus. Albayrak wurden schnell Ambitionen auf andere Posten nachgesagt.

«Instrument der Ausbeutung»

An der Spitze des Finanz- und Wirtschaftsministeriums steht er angesichts der seit August verschärften Währungskrise nun vor kaum lösbaren Aufgaben. Auf der einen Seite muss er Firmen, Banken und Finanzmärkte beruhigen, die höhere Leitzinsen fordern, um den Währungsverfall zu stoppen und die Inflation einzudämmen. Auf der anderen Seite kann er kaum seinem Schwiegervater zuwiderhandeln, der Zinsen schon als «Instrument der Ausbeutung» verurteilte und deren Senkung forderte.

Viele Ökonomen bezweifeln, dass Albayrak der richtige Mann ist, um die aktuelle Krise in der Türkei in den Griff zu bekommen. Die Wirtschaft hatte darauf gesetzt, dass im Kabinett der erfahrene frühere Investmentbanker Mehmet Simsek für die Wirtschaft verantwortlich bleiben würde. Die Märkte reagierten auf Albayraks Ernennung schockiert.

Doch regierungsnahe Beobachter beschrieben Albayrak schon zu seiner Zeit als Energieminister als eines der fähigsten Mitglieder des Kabinetts. Er könne rasch Informationen verarbeiten und beeindrucke ausländische Kollegen unter anderem mit seinen Englischkenntnissen.

«Erfolgsgeschichte schreiben»

Um die Märkte zu beruhigen, legte Albayrak am Donnerstag einen Aktionsplan vor – das «Mittelfristige Wirtschaftsprogramm». «Unser Ziel ist es, eine neue Erfolgsgeschichte zu schreiben», sagte der türkische Finanzminister. Das Programm basiere auf den Prinzipien «Ausgleich, Disziplin und Wandel».

Doch eine «neue Erfolgsgeschichte» dürfte noch lange auf sich warten lassen. Trotz eines deutlich angehobenen Leitzinses sind Ökonomen weiter skeptisch, ob eine länger dauernde Wirtschaftskrise abgewendet werden kann. Und selbst Albayrak blieb am Donnerstag nichts anderes übrig, als für 2018 und 2019 eine hohe Inflation und sinkende Wachstumszahlen zu verkünden.

Für den jungen Minister bleibt es ein schwer zu meisternder Balanceakt, die Märkte zu beruhigen, zugleich aber seinem Schwiegervater treu zu bleiben – der zur Fassungslosigkeit der Ökonomen die Theorie vertritt, dass niedrige Zinsen helfen, die Inflation zu senken. Da in dem neuen Präsidialsystem, das nach den Wahlen in Kraft getreten ist, alle Entscheidungen am Ende beim Präsidenten liegen, bleiben alle Augen auf Erdogan gerichtet. Egal was Albayrak sagt.

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