Brüssel alarmiert wegen Wirtschaftslage in Italien
Zu Jahresbeginn nimmt die EU-Kommission die 28 Mitgliedsstaaten unter die Lupe. Die Zeugnisse bieten keine Traumnoten. Bei einigen Kandidaten droht Versetzungsgefahr.
Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Kommission schlägt erneut Alarm wegen der wirtschaftlichen Probleme Italiens.
Die Regierung in Rom müsse die öffentlichen Finanzen in Ordnung bringen und Reformen vorantreiben, forderte Finanzkommissar Pierre Moscovici in Brüssel.
Dagegen soll Deutschland aus Sicht der Kommission vor allem mehr Geld ausgeben, insbesondere für Bildung und Infrastruktur wie Bahnen, Strassen oder Brücken.
Zwar hätten private und öffentliche Investitionen in Deutschland spürbar angezogen. «Aber Investitionen und Konsum bleiben gedämpft», monierte die Behörde. Dabei gebe es finanziellen Spielraum, sowohl wegen niedriger Zinsen als auch wegen der Milliardenüberschüsse der öffentlichen Hand. «Mehr Anstrengungen sind nötig, um die grosse Investitionslücke zu schliessen, vor allem mit Blick auf öffentliche Investitionen in Infrastruktur und Bildung», forderte die Behörde.
Die Kommission analysiert regelmässig die wirtschaftliche Lage der 28 EU-Staaten. Für die Europäische Union insgesamt konstatiert sie andauerndes Wachstum, sinkende Arbeitslosigkeit und Rekordbeschäftigung. Doch werde das Wachstum langsamer, warnte Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis. «Um das ganze Wachstumspotenzial unserer Ökonomien zu heben, brauchen wir Strukturreformen.»
Gezielt münzten Moscovici und Dombrovskis dies vor allem auf Italien. Wie Griechenland und Zypern attestierte die Kommission dem Land «exzessive Ungleichgewichte». Diese brächten auch Risiken jenseits der italienischen Grenzen.
Die Behörde hatte bereits bei der Aufstellung des Haushalts 2019 heftig mit der populistischen Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega gestritten. Nun monierte sie erneut die hohe Staatsverschuldung, die bei mehr als 130 Prozent der italienischen Wirtschaftskraft liegt. Man sei besorgt, dass die Verschuldungsrate sich in den nächsten Jahren voraussichtlich nicht bessern werde, sagte Dombrovskis.
Die Haushaltsplanung 2019 nehme Teile früherer Reformen zurück, etwa bei Renten. Und sie biete keine Massnahmen zur Steigerung des Wachstums. Das «Momentum für Reformen ist 2018 weitgehend zum Stillstand gekommen», warnte die Kommission.
«Die Herausforderungen für Italien sind wohl bekannt und sie sind erheblich», sagte Moscovici. «Unsere Botschaft an Italien ist ebenfalls vertraut, aber stark: Dass es Schritte zur Verbesserung seiner öffentlichen Finanzen unternehmen muss, zur Steigerung der Effizienz seiner öffentlichen Verwaltung und auch der Justiz, zur Stärkung des wirtschaftlichen Umfelds und des Arbeitsmarkts sowie des Finanzsystems.»
Ökonomen beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sehen in Italien schlechte Bedingungen für Innovationen. «Fachkräfte wandern aus und neue Wachstumsbranchen kommen nicht vom Fleck», sagte DIW-Experte Alexander Kritikos vor Journalisten in Berlin. Helfen könnten demnach gezielte Investitionen des Staates, etwa in die digitale Infrastruktur und in den Bausektor.
Ermahnungen richtete die Kommission auch an Griechenland. Seit Abschluss der Hilfsprogramme im August kämen einige der vereinbarten Reformen nur schleppend voran, monierte Dombrovskis. Moscovici ergänzte, es sei im griechischen Interesse, alle noch fehlenden Massnahmen vor der Sitzung der Eurogruppe am 11. März abzuarbeiten. Dann könnte eine Milliarde Euro freigegeben werden, die Athen als eine Art Bonus bei Einhaltung des Reformkurses in Aussicht gestellt worden war.
Die wirtschaftliche Lage in Griechenland ist aus Sicht der Kommission weiter sehr schwierig: hohe Staatsverschuldung, hohe Arbeitslosigkeit und niedriges Wachstumspotenzial. Der Finanzsektor bleibe wegen eines hohen Bestands fauler Kredite und geringer Profitabilität anfällig.