Regierungskrise in Italien: Senat entscheidet über Zukunft
Das Wichtigste in Kürze
- Italien steckt in einer Regierungskrise, Mario Draghi wollte von seinem Amt zurücktreten.
- Das Angebot des Ministers wurde aber in den Wind geschlagen.
- Wie es mit der Regierung nun weitergeht, entscheidet der Senat am Mittwoch.
In Italien entscheidet sich an diesem Mittwoch der Fortgang der Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi nach dessen gescheitertem Rücktrittsangebot. Am Vormittag (9.30 Uhr) wird der parteilose Ökonom in der kleineren der beiden Parlamentskammern, dem Senat, erwartet.
Dort soll er über die politische Situation berichten. Wegen der mehrstündigen Generaldebatte im Anschluss dürfte das erwartete Vertrauensvotum erst am späten Abend beginnen. Unklar ist weiter, ob Draghi als Regierungschef überhaupt weitermachen will.
Hält der 74-Jährige an seinem Rücktritt fest, könnte Staatschef Sergio Mattarella in der Folge die Parlamentskammern auflösen und damit eine vorgezogene Wahl einleiten.
Möglich wäre aber auch, dass der frühere Chef der Europäischen Zentralbank mit dem ausgesprochenen Vertrauen weiter regiert. Entscheidend wird, was Draghi in seiner Rede sagt. Nach dem Senat muss er auch noch in die grössere Abgeordnetenkammer, was aber erst für Donnerstag erwartet wird.
Auslöser der Krise war das ausgebliebene Vertrauen der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung für Draghis Kabinett bei einer Abstimmung zu einem milliardenschweren Hilfspaket im Senat. Seine Regierung erhielt zwar auch ohne die Sterne-Stimmen die nötige Mehrheit, aber laut Draghi war der «Pakt des Vertrauens» gebrochen.
Er bot danach seinen Rücktritt an. Mattarella lehnte diesen aber ab und schickte ihn ins Parlament, um sich dort zu rechtfertigen. Die vom Umfragetief und Parteiaustritten ins Wanken geratene Fünf-Sterne-Bewegung forderte danach, dass Draghi auf ihre politischen Forderungen eingehe. In der populistischen Partei des Juristen Giuseppe Conte droht sich mittlerweile laut Medien eine weitere Abspaltung an.
Vereinigung der Parteien könnte schwierig werden
Für Draghi könnte es schwer werden, das alte Bündnis aus Parteien von links bis rechts wieder zu vereinen. Er machte eine Beteiligung der Fünf Sterne bis zuletzt zu einer Bedingung für eine Regierung unter ihm. Sie wäre ein Gegengewicht im Kabinett zu der ansonsten starken Populisten-Partei Lega des Rechtspolitikers Matteo Salvini. Dieser und Silvio Berlusconis Forza Italia wollen allerdings nicht weiter mit Conte regieren.
Wie sich die Anti-Establishment-Partei am Mittwoch bei der Abstimmung verhalten wird, ist unklar. Der Chef der Sozialdemokraten, Enrico Letta, rief die Bewegung zur Unterstützung der Regierung auf. Beobachter sehen eine entscheidende Möglichkeit in der Spaltung: Einige Sterne-Politiker könnten entgegen einer etwaigen Parteilinie, nicht abzustimmen, dennoch für Draghi votieren. So hätte er die geforderte Rückendeckung der Fünf Sterne - und Mitte-Rechts könnte diese als Abspalter statt Sterne-Mitglieder betrachten.
Für eine Fortsetzung der Regierung des gebürtigen Römers sprachen sich zuletzt Politiker, mehr als 1000 Bürgermeister in einem offenen Brief aus. Sollte eine vorgezogene Wahl anstehen, wäre Italien über Wochen politisch kaum handlungsfähig.
Dabei stehen wichtige Reformen an, die das Land mit fast 60 Millionen Einwohnern umsetzen muss. Nur so bekommt es wichtige EU-Hilfsgelder aus Brüssel. Hinzu kommt die Haushaltsplanung, die in Italien traditionell zu viel Streit führt und mitunter erst kurz vor knapp verabschiedet wird.