Russland: So kam es zu Antisemiten-Sturm auf Flugzeug
Erneut ein antisemitischer Angriff, diesmal in Russland: Ein Mob stürmte ein Rollfeld nach der Ankunft eines Flugs aus Israel. Doch wie kam es so weit?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sturm von Antisemiten auf einen Flughafen in Russland sorgt für Empörung.
- Ein Experte erklärt, wie es zu dem Angriff kommen konnte.
- Der jüdische Zentralrat bezeichnet die Bilder aus Dagestan als «verstörend».
«Es sind verstörende Bilder, die wir vom Flughafen Machatschkala in Dagestan sehen», schreibt der Zentralrat der Juden in Deutschland. In der russischen Teilrepublik kam es am Sonntagabend zum jüngsten in einer Serie von antisemitischen Angriffen seit Beginn des Gaza-Kriegs.
Kurz nachdem eine Maschine aus Tel Aviv in der Stadt im Nordkaukasus landete, stürmte ein wütender Mob das Rollfeld. Rund 20 Menschen wurden bei den antijüdischen Krawallen verletzt – sowohl Polizisten als auch Zivilisten.
«Unterstützung für Palästina weit verbreitet»
Doch wie konnte es zu dieser Gewalteskalation kommen? «In den muslimisch geprägten Gebieten des Nordkaukasus ist die Unterstützung für Palästina weit verbreitet», erklärt Russland-Experte Ulrich Schmid gegenüber Nau.ch. Ausgerechnet dort kämen aber derzeit viele Israel-Evakuierungsflüge für russische Staatsbürger an.
Aber: Ausserhalb des Nordkaukasus gebe es in Russland kaum offen pro-palästinensische oder antisemitische Gruppen, erklärt der Professor der Universität St. Gallen weiter. Somit haben jüdische Bürger wenig zu befürchten. Denn wegen der Sowjetzeit seien Religionen allgemein nur sehr selten in einer radikalen Form im öffentlichen Raum präsent.
Und: «Der Kreml bemüht sich sehr darum, auf keinen Fall antisemitisch zu erscheinen. Putin hatte bis vor kurzem gute Beziehungen zu Israel», erklärt Schmid. Der Besuch von Hamas-Vertretern in Moskau vergangene Woche habe diese jedoch nun eingetrübt.
Trotzdem seien die Szenen aus Dagestan für Juden in der ganzen Welt beunruhigend, so der deutsche Zentralrat. «Die Jagd auf Juden in Dagestan zeigt uns, dass wir es mit einer Ideologie zu tun haben, die keine Grenzen kennt», so Zentralrats-Präsident Josef Schuster. Er fordert auch in Deutschland harte Strafen für radikale Islamisten, die zu Gewalt gegen Juden aufrufen.
Russischen Randalierern droht lange Haft
Die Regierung von Benjamin Netanjahu rief Russland nach dem Vorfall zum Schutz aller israelischen Staatsbürger auf. Sein Land erwarte von den russischen Behörden, dass sie «alle israelischen Bürger und alle Juden schützen und entschlossen gegen die Randalierer sowie gegen die wilde Hetze gegen Juden und Israelis vorgehen», hiess es vom Büro in Tel Aviv.
In Russland droht den Randalierern von Machatschkala jetzt eine Anklage wegen Massenunruhen. «Auf diesen Straftatbestand stehen mehrjährige Haftstrafen», erklärt Schmid.