Israel-Krieg: So verbreitet sind Judenhass-Verschwörungstheorien
Der Israel-Krieg heizt den Antisemitismus an – auch in der Schweiz. Hierzulande kursieren antisemitische Verschwörungstheorien seit Jahren.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit rund drei Wochen herrscht zwischen Israel und der Hamas Krieg.
- In Europa ist es seither vermehrt zu antisemitischen Anfeindungen gekommen.
- Judenfeindliche Verschwörungstheorien halten sich seit Jahren – auch in der Schweiz.
Mit dem Israel-Krieg nimmt der Antisemitismus zu – auch in der Schweiz. Es gibt aber schon seit Jahren zahlreiche judenfeindliche Verschwörungstheorien, die sich bei uns halten.
Das ist gefährlich, warnt Kriminologe Dirk Baier: Radikalisierte Personen könnten damit Gewalt gegen jüdische Menschen rechtfertigen. «Insofern wäre es natürlich wünschenswert, sie würden endlich einmal verschwinden», sagt er zu Nau.ch.
Theorien kursieren überall in Sozialen Medien
«Antisemitische Verschwörungstheorien gehören zu den ältesten Verschwörungstheorien. Sie finden sich meines Wissens überall auf der Welt.» Also auch in der Schweiz.
«Wie verbreitet sie hierzulande sind, lässt sich derzeit nicht exakt beantworten.» Es sei aber bekannt, dass zirka ein Viertel der Schweizer Bevölkerung anfällig für verschwörungstheoretisches Denken allgemein sei.
«Andererseits wissen wir, dass zwischen fünf und zehn Prozent der Bevölkerung antisemitischen Vorurteilen zustimmt.» Daraus könnte man vorsichtig folgern, dass mindestens fünf Prozent der Bevölkerung eine gewisse Anfälligkeit für antisemitische Verschwörungstheorien aufweise.
Das Problem: «Diese Theorien sind sehr einfach verfügbar, da sie überall in den sozialen Medien kursieren.»
Menschen mit «geringerer Bildung» anfälliger
Besonders anfällig dafür seien Menschen «mit geringerer Bildung», die sich benachteiligt oder bedroht fühlten – oder autoritäre Charakterzüge aufweisen. «Zudem haben verschiedene Studien gezeigt, dass eine muslimische Religiosität mit verstärkter Zustimmung einhergeht», sagt Baier.
Es seien bestimmte Milieus, in denen solche Theorien kursieren. Baier erklärt: «Hierzu gehören in erster Linie rechtsextreme und islamistische Gruppierungen. Aber auch in staatsfeindlichen Gruppen, zu denen auch die Corona-Skeptiker gehören, kursieren diese Theorien.»
Hier dienen die Verschwörungstheorien laut Baier dazu, die Identität der Gruppen zu stärken. «So hat man ein gemeinsames Feindbild – das Judentum.»
Zu den populärsten antisemitischen Verschwörungstheorien gehört zum Beispiel die Theorie der «Protokolle der Weisen von Zion». «Darauf wird immer wieder Bezug genommen, um angebliche geheime Pläne von Jüdinnen und Juden zu entlarven.»
Dabei handelt es sich um ein Schriftstück, das von Unbekannten auf der Basis mehrerer erfundener Texte geschrieben wurde. Darin geht es unter anderem um die angeblichen Pläne der Juden, die Weltherrschaft zu übernehmen.
Fast jede Verschwörungstheorie wird mit Antisemitismus versehen
Laut Baier ein entscheidendes Problem: «Fast jede Verschwörungstheorie wird früher oder später mit antisemitischen Inhalten versehen.» Sie könnten quasi an alle Verschwörungstheorien angehängt werden.
«Beispielsweise besagt eine erste Verschwörungstheorie, dass das Coronavirus im Labor entwickelt wurde, um die Menschheit zu dezimieren. Dann folgt ganz schnell, dass das von Jüdinnen und Juden in Auftrag gegeben wurde, um die Weltherrschaft zu übernehmen.»
Ganz nach den Schwurbel-Protokollen «der Weisen von Zion».