Schulleiterin sieht in toter Schülerin kein Mobbing-Opfer
Das Wichtigste in Kürze
- Der Tod einer elfjährigen Schülerin Ende Januar in Berlin geht nach Angaben der Schulleiterin nicht auf Mobbing zurück.
«Die Schülerin, die verstorben ist, war kein Mobbing-Opfer», sagte Daniela Walter bei einer Anhörung zum Thema Mobbing im Bildungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.
Dies hätten zahlreiche Gespräche etwa mit Mitschülern und Eltern aus der betroffenen Klasse bestätigt, ergänzte sie nach der Sitzung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Sie habe nach dem Tod des Kindes in einem Krankenhaus von Anfang an mit den Eltern in engem Kontakt gestanden, berichtete Walter im Ausschuss. Dies sei der erste Kontakt mit der Familie während ihrer Tätigkeit als Schulleiterin überhaupt gewesen. Bis dahin habe es - etwa in Hinsicht auf mögliche Probleme des Kindes in der Schule - «keinen Gesprächsbedarf in irgendeiner Art» gegeben.
Walter betonte, die Familie des Mädchens habe bis heute nichts zur Todesursache gesagt. «Und das habe ich zu respektieren.» Sie bat darum, den Tod der Elfjährigen von der seither geführten Debatte um Mobbing an Schulen zu trennen: «Dass man nicht jetzt diesen Todesfall als Aufsprung nimmt, und irgendwas daraus macht. Das hat die Familie nicht verdient.» Am Donnerstag sei das Kind beigesetzt worden.
Der Tod des Mädchens, das die Hausotter-Grundschule in Berlin-Reinickendorf besuchte, war Anfang Februar bekanntgeworden. Er hatte viele Menschen erschüttert und eine breite Debatte ausgelöst. Medien gingen der Frage nach, ob Mobbing an ihrer Schule zu einem Suizidversuch der Grundschülerin geführt haben könnte. Elternvertreter berichteten in Medien von einem Mobbing-Problem an der Schule.
Eine offizielle Bestätigung der Todesursache sowie gesicherte Informationen zu möglichen Hintergründen gibt es bis heute nicht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft, die wie in solchen Fällen üblich ein Todesermittlungsverfahren führt, ergab die Obduktion keine Hinweise auf Gewalteinwirkung durch Dritte.
Aus Sicht von Schulleiterin Walter steht fest: «Dass wir in einem schwierigen Umfeld sind, dass wir mit Sicherheit tagtäglich auch damit zu tun haben, dass es Konflikte gibt.» Sie könne auch bestätigen, dass es während ihrer Zeit als Schulleiterin «vier, fünf Mobbing-Fälle» gegeben habe.
«Aber wichtig ist auch hier, dass die Systeme greifen», so Walter. «Wir haben etwa alle sechs Wochen die Polizei präventiv im Haus.» Alle sechs Wochen sässen Jugendamt, Schulpsychologie, Sonderpädagogen, Schulleitung und Pädagogen an einem Tisch, «um gerade auch diese Schüler aufzufangen, wo es einfach problematisch ist».
Auch die Expertenanhörung im Abgeordnetenhaus war eine Reaktion auf den Todesfall. Fachleute aus Wissenschaft und Beratungsstellen machten dabei deutlich, dass Mobbing an Schulen oft vorkommt. Nötig seien eine Kultur der Offenheit, des Hinsehens, niederschwellige Beratungs- und Hilfsangebote.
Die Vorsitzende des Landesschülerausschusses, Eileen Hager, sagte: «Mobbing ist an den Schulen ein tagtägliches Phänomen.» Die Hemmschwelle sei unter anderem aufgrund der sozialen Medien gesunken. Vielfach werde das Problem nicht offen angesprochen.
«Das Thema Gewalt an Berliner Schulen ist für uns ein sehr relevantes Thema», versicherte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Mobbing sei eine schlimme Form von Gewalt, verbunden mit seelischen oder körperlichen Verletzungen. Dem müsse man konsequent entgegengetreten. Der Senat habe dazu in der Vergangenheit einiges angeschoben. Als Beispiele nannte sie Beratungsstellen und die Einstellung von 500 Schulsozialarbeitern.
Am Mittwoch hatte Scheeres ein weiteres Massnahmepaket angekündigt. Unter anderem will sie einen Schüler als eine Art Anti-Mobbing- Beauftragten benennen. Geplant seien zudem verpflichtende Fortbildungen für Schulleitungen, eine Überarbeitung des Meldeverfahrens für Gewalt- und Mobbingvorfälle und ein Ausbau der Anti-Mobbing-Kurse für Eltern und pädagogisches Personal.