Schweiz wartet nach Vorwürfen mit Zahlungen an UNRWA ab
Die Schweiz wartet nach schweren Vorwürfen gegen das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) mit der Auszahlung der Hilfsgelder für 2024 ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz stoppt die Zahlungen an das Hilfswerk UNRWA nach den Vorwürfen.
- Mitarbeiter des Hilfswerks sollen am Massacker in Israel beteiligt gewesen sein.
- Das Parlament wird über die Aussetzung der Gelder debattieren.
Wegen der schweren Vorwürfe gegen das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) hat die Schweiz die Zahlungen für das laufende Jahr vorerst sistiert. Darüber werde erst entschieden, wenn mehr Informationen vorlägen, schrieb das Aussendepartement in einer Stellungnahme.
Bisher seien die für 2024 vorgesehenen Hilfsgelder noch nicht überwiesen worden, schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es geht um einen Beitrag von 20 Millionen Franken.
Mitarbeitenden an Massacker vom 7. Oktober beteiligt?
Den israelischen Vorwürfen zufolge sollen zwölf UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen in die Attacke der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres verwickelt zu sein. Der Uno-Generalsekretär António Guterres kündigt eine Untersuchung an und zeigt sich entsetzt über die Vorwürfe. Auf welche Art die Mitarbeiter möglicherweise an dem Hamas-Massaker in Israel beteiligt waren, teilte die Uno zunächst nicht mit.
Die Schweiz sei am Freitag über die Anschuldigungen informiert worden, so das EDA. In der Stellungnahme äusserte sich das Aussendepartement gegenüber Keystone-SDA «äusserst besorgt» über diese «schwerwiegenden Anschuldigungen».
Wie vom Parlament in der Wintersession beschlossen, werden demnach die humanitären Gelder für den Nahen Osten im Jahr 2024 erst nach Konsultation der aussenpolitischen Kommissionen und in Tranchen ausgezahlt. Diese Konsultationen haben laut EDA bisher noch nicht stattgefunden.
Parlament wird sich Thema annehmen
In einer Debatte in der Sendung Forum des Westschweizer Radios RTS sprach sich Nationalrat Pierre-André Page (SVP/FR) für eine Aussetzung der Beiträge an die UNRWA aus. Als Mitglied der aussenpolitischen Kommission kündigte er an, dass diese Finanzierung in der nächsten Sitzung, die für Montag und Dienstag angesetzt ist, zur Sprache kommen wird.
Sein Fraktionskollege David Zuberbühler (AR) kündigte in der SRF Tagesschau vom Samstag an, er werde voraussichtlich in der Frühjahrssession erneut einen Vorstoss einreichen, damit diese Gelder nicht mehr gesprochen werden.
Auch Grünen-Nationalrat Felix Wettstein sagte in der SRF Tagesschau vom Samstag, das Palästinenserhilfswerk der UNO müsse aufräumen. Die Entlassungen zeigten aber, dass es dies auch tue.
«Es zeigt ja, dass die UNRWA in der Lage ist, die Leute zu entlassen, wenn diese sich mit dem Terror solidarisiert oder sich sogar daran beteiligt haben. Das spricht dafür, dass die UNRWA funktioniert. Wenn wir ihr das Geld verweigern, dann hat sie gar keine Möglichkeiten mehr und kann auch keine Hilfe an der Zivilbevölkerung leisten.»
Auch andere Länder haben Zahlungen auf Eis gelegt
Mehrere Länder, darunter die USA und Deutschland, die beiden grössten Beitragszahler, haben ihre Hilfestellungen inzwischen eingestellt. Der Chef der Vereinten Nationen rief am Sonntag dazu auf, die Fortsetzung der Operationen der Uno-Agentur zu gewährleisten. «Zwei Millionen Zivilisten in Gaza sind für ihr tägliches Überleben auf die Hilfe der UNRWA angewiesen», sagte Guterres.
Auch der Schweizer UNRWA-Chef Philippe Lazzarini warnte auf der Online-Plattform X vor einem Abbruch der Zahlungen. Er sei schockiert, dass solche Entscheidungen auf der Grundlage von mutmasslichem Verhalten einiger weniger Leute getroffen würden. «Die Palästinenser in Gaza haben keine zusätzliche kollektive Bestrafung gebraucht», schrieb Lazzarini.
Die Vereinten Nationen hatten das UNRWA 1949 gegründet, um palästinensischen Flüchtlingen zu helfen. Mittlerweile haben nach Angaben der Organisation rund 5,9 Millionen Menschen Anspruch auf ihre Dienste. Dazu zählen Palästinenser, die 1948 flüchteten oder vertrieben wurden, sowie ihre Nachkommen. Das UNRWA ist unter anderem in Jordanien, im Libanon und in den Palästinensergebieten tätig.