Schwere Kämpfe im Gebiet Kursk – für Putin Provokation

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Russland,

Russland wird in der Grenzregion Kursk von den stärksten ukrainischen Gegenattacken seit Monaten getroffen.

Russisches Militärlager nahe Kursk
Ein russisches Militärlager nahe Kursk. (Archivbild) - Satellite image ©2022 Maxar Technologies/AFP/Archiv

Russland erlebt mitten in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nun die schärfsten Gegenattacken seit Monaten aus dem Nachbarland. Diesmal in seiner Grenzregion Kursk. Kremlchef Wladimir Putin warf dem Kiewer Regime, wie er die Führung der Ukraine nennt, bei einer Regierungssitzung in Moskau eine neuerliche Provokation vor.

Es sei mit Raketen auch auf zivile Objekte und Wohnhäuser geschossen worden, sagte Putin. Nach offiziellen Angaben gab es mindestens drei Tote und 28 Verletzte im Gebiet Kursk. Tausende Menschen sind auf der Flucht.

Keine Reaktion aus Ukraine

Aus der Ukraine gab es zunächst keine Reaktion zu den Vorwürfen. Das von Russland seit mehr als zwei Jahren mit einer beispiellosen Invasion überzogene Land hat immer wieder Gegenangriffe mit Raketen und Drohnen gestartet. Die offizielle Begründung aus Kiew war, dass damit auf russischer Seite der militärische Nachschub gestört werden soll.

In der Vergangenheit drangen Kämpfer von ukrainischer Seite auch immer wieder über die Grenze auf russisches Staatsgebiet vor. Besonders betroffen war im vergangenen Jahr die Region Belgorod, wo es massive Zerstörungen, Tote und Verletzte gab. Auch dort flüchteten viele Menschen. Russische Militärs werteten den neuen Angriff wie schon frühere Attacken als Verzweiflungstat der ukrainischen Streitkräfte, um von den Niederlagen im eigenen Land abzulenken.

Gouverneur: Tausende Menschen aus Grenzorten geflohen

Aus den von ukrainischer Seite angegriffenen Grenzortschaften im russischen Gebiet Kursk sind Tausende Menschen geflohen. Die Bürger hätten ihre Wohnungen in Privatfahrzeugen verlassen. Dies sagte der geschäftsführende Gouverneur Alexej Smirnow in einer Videobotschaft. Zudem seien 200 Menschen in Transportfahrzeugen und Bussen aus den beschossenen Ortschaften in Sicherheit gebracht worden.

Smirnow sagte, er habe noch in der Nacht mit Putin telefoniert. Der Präsident habe die Situation unter persönliche Kontrolle genommen. Es seien auch Notunterkünfte mit rund 2500 Plätzen eingerichtet worden. Dort seien auch Psychologen im Einsatz.

Ermittlungskomitee leitet Strafverfahren wegen Terror ein

Putin kündigte an, sich bei einem Treffen mit dem Verteidigungsministerium, mit dem Generalstab der russischen Streitkräfte und dem für den Grenzschutz zuständigen Inlandsgeheimdienst FSB über die Lage informieren zu lassen. Das Ermittlungskomitee in Moskau leitete indes ein Strafverfahren ein wegen eines, wie es offiziell hiess, Terroranschlags gegen russisches Staatsgebiet. Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte erst die Berichte zu anhaltenden Kampfhandlungen, als schon russische Militärblogger auf die ernste Lage hingewiesen hatten.

«Die Operation zur Vernichtung der Gruppierungen der Streitkräfte der Ukraine wird fortgesetzt», teilte das Ministerium in Moskau mit. Demnach gab es Gefechte in grenznahen Ortschaften auf russischem Gebiet gegen ukrainische Eindringlinge. Noch am Vortag hatte das Verteidigungsministerium behauptet, dass ein Versuch, die Grenze zu durchbrechen, gescheitert sei. Nun hiess es, dass ein tiefes Eindringen auf russischem Staatsgebiet verhindert worden sei.

Militärblogger sprechen von besetzten Orten

Zuvor hatten dagegen russische Militärblogger gemeldet, dass ukrainische Kämpfer tief hinter die Grenze im Gebiet Kursk vorgedrungen seien. Bis zu elf Ortschaften seien unter Kontrolle ukrainischer Soldaten. Dafür gab es keine offizielle Bestätigung.

Nach nicht überprüfbaren Berichten russischer Militärblogger bewegen sich die ukrainischen Einheiten auf die nur gut neun Kilometer von der Grenze entfernte Stadt Sudscha im Gebiet Kursk zu, wo Menschen Evakuierungsmassnahmen gefordert hätten. Der Korrespondent des russischen Staatsfernsehens Alexander Sladkow etwa meldete, der Gegner sei zehn Kilometer weit auf russisches Gebiet vorgedrungen. Verschiedene Blogger schätzen die Stärke der Ukrainer auf zwischen 900 und 2000 Mann.

Blogger: Putin spielt ernst der Lage runter

Die Militärblogger kritisierten auch, dass Putin mit seiner Bewertung, es handele sich um eine Provokation, oder die Einstufung als Terroranschlag, den Ernst der Lage herunterspiele. Sie forderten einen harten und entschlossenen Gegenschlag. Militärbeobachter meinten, die russischen Truppen seien in der Grenzregion nur schwach aufgestellt gewesen, weshalb die ukrainischen Kämpfer es leicht gehabt hätten, dort einzudringen.

Im vergangenen Jahr hatte es solche Durchbrüche von ukrainischer Seite vor allem in der Region Belgorod gegeben. Zu den Aktionen bekannten sich Freiwilligenbataillone, die aus Russen bestehen, aber aufseiten der Ukraine kämpfen. In Kiew betonte die Führung, damit nichts zu tun zu haben.

Ziel der Ukraine könnte es aus Sicht von Experten sein, die russischen Truppen von Angriffen in dem Krieg gegen das Nachbarland abzulenken. Militärbeobachter gehen davon aus, dass die Ukraine mit den Attacken versucht, russische Truppen in ihrem Vormarsch zu stoppen. Die russischen Streitkräfte hatten zuletzt ein Gebiet von der Grösse des Bundeslands Bremen nach eigenen Angaben in der Ukraine eingenommen. Die ukrainischen Truppen mussten zurückweichen – sie sind seit Monaten in der Defensive.

Moskau spricht von Verlusten auf ukrainischer Seite

Laut Verteidigungsministerium in Moskau kämpfen nun Soldaten gemeinsam mit Grenzschützern in dem Gebiet gegen die Eindringlinge. Sie hätten mit Unterstützung durch Flugzeuge, Raketenstreitkräfte und Artillerie feindliche Gruppierungen vernichtet. Der Gegner habe mindestens 260 Mann sowie 50 Einheiten Technik verloren, darunter sieben Panzer.

Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. In der Vergangenheit hatte Russland die Angriffe von ukrainischer Seite immer wieder abgewehrt und die Lage in den betroffenen Regionen unter Kontrolle gebracht. Kremlchef Putin hatte angesichts der Attacken Kiew immer wieder mit schweren Strafaktionen gedroht und diese auch durchgezogen.

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