Drohgebärden zum G7-Auftakt
Wieder Zoff zu Beginn des G7-Gipfels: US-Präsident Trump startet mit einer Drohung nach Biarritz. Sein Gegenspieler Macron gibt dagegen den staatstragenden Gastgeber und versucht zu deeskalieren. Dafür gibt ein anderer aus der EU-Riege Trump Kontra.
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA und die EU starten mit gegenseitigen Drohgebärden in den G7-Gipfel.
Schon kurz vor seiner Abreise nach Biarritz kündigte US-Präsident Donald Trump Strafzölle auf französischen Wein oder andere Vergeltungsmassnahmen an, falls die Regierung in Paris bei ihren Plänen für eine Digitalsteuer bleiben sollte. EU-Ratspräsident Donald Tusk drohte daraufhin mit einer Reaktion: «Wenn die Vereinigten Staaten gegen Frankreich Zölle verhängen, wird die Europäische Union antworten», sagte er.
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron versuchte allerdings zu deeskalieren. Spannungen beim Handel seien «schlecht für alle», sagte er in einer Fernsehansprache. Kurz vor Beginn des Gipfels traf sich Macron zu einer zweistündigen Unterredung mit Trump. Das Gespräch sei sehr produktiv verlaufen, auch zu den Konfliktthemen Iran, Handel und Steuern, hiess es aus dem Umfeld von Macron.
Am Abend begann der Gipfel offiziell mit einem gemeinsamen Essen. An dem Treffen nehmen teil. Zudem vertritt Tusk die EU.
In Bayonne, einem Nachbarort von Biarritz, kam es am frühen Abend zu Krawallen. Bei einer ungenehmigten Demonstration von hunderten Gipfelgegnern flogen Steine, die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein. Zu den Zusammenstössen kam es vor allem an Brücken zum historischen Stadtkern Bayonnes. Die Innenstadt wurde von Sicherheitskräften abgeriegelt, auch Bewohner kamen nicht durch die Sperren.
Zuvor war eine angemeldete Kundgebung von Gipfelgegnern in der südwestfranzösischen Hafenstadt Hendaye friedlich verlaufen. Daran hatten nach Veranstalterangaben rund 15.000 Menschen teilgenommen. Frankreich setzt zum Schutz des Gipfels über 13.000 Polizisten und Gendarmen ein. Ausschreitungen sollen nicht geduldet werden, hatte Innenminister Christophe Castaner gesagt.
Beim Gipfel selbst liegt das Augenmerk vor allem auf drei Teilnehmern: Donald Trump, der den letzten Gipfel per Twitter nachträglich platzen liess, indem er das Abschlussdokument für nichtig erklärte. Der britische Premierminister Boris Johnson, für den es die Premiere auf der grossen Gipfelbühne ist. Und Macron, der nach dem denkwürdigen Scheitern im vergangenen Jahr als Gastgeber nun vieles anders machen möchte. Unter anderem soll es kein klassisches Abschlussdokument mehr geben. Ob es tatsächlich dabei bleibt, ist noch unklar.
Macron und Trump trafen sich völlig überraschend schon vor Gipfelbeginn. Der US-Präsident gab sich dabei versöhnlich - ganz im Gegensatz zu seinem Abflug-Statement. «Wir haben eigentlich viel gemeinsam», sagte er auf der Terrasse des Hotel du Palais am Strand von Biarritz. Auch wenn es gelegentlich Differenzen gebe, verbinde ihn ein «besonderes Verhältnis» mit Macron.
Frankreich plant eine Steuer für globale Internet-Unternehmen, die auf grosse und international tätige Firmen wie Google, Amazon, Facebook und Apple abzielt. Weil viele der betroffenen Unternehmen ihren Sitz in den USA haben, ist Trump gegen die Steuer.
Bereits am Freitag hatte der US-Präsident im Handelskonflikt mit China die nächste Eskalationsstufe eingeläutet und angekündigt, dass die USA sämtliche Strafzölle auf Importe aus China um jeweils fünf Prozentpunkte anheben werden. Der Handelskrieg der beiden grössten Volkswirtschaften dürfte beim G7-Gipfel ebenfalls zur Sprache kommen.
Kurzfristig hatte Macron auch die verheerenden Waldbränden in Südamerika auf die Tagesordnung gesetzt. In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet dazu ein klares Signal der G7. «Wir werden uns damit beschäftigen, wie wir unterstützen und helfen können und einen klaren Aufruf dazu senden, dass alles getan werden muss, damit der Regenwald aufhört zu brennen», sagte sie. Macron habe Recht, wenn er sagt: «Unser Haus brennt.»
Tusk befürchtet für den Fall von weiteren schweren Bränden im Amazonas-Regenwald ein Scheitern des Freihandelsabkommens mit dem lateinamerikanischen Staatenbund Mercosur. Der britische Premierminister Boris Johnson sprach sich dagegen aus, das Mercosur-Abkommen vom Streit über die Waldbrände abhängig zu machen. «Es gibt alle möglichen Leute, die jeden möglichen Anlass nutzen, um (...) gegen Handelsabkommen vorzugehen», sagte er. «Ich möchte das nicht sehen.»
Grossbritannien wird über das Handelsabkommen aber wahrscheinlich gar nicht mehr mitentscheiden, weil es zum 31. Oktober aus der EU austreten will. Inwieweit der Brexit am Rande des Gipfels ein Thema sein wird, ist noch unklar. Johnson beteuerte, nicht an einem Brexit ohne Abkommen interessiert zu sein: «Ich habe absolut klargemacht, dass ich keinen No-Deal-Brexit will.» Tusk sagte: «Ich hoffe immer noch, dass Premierminister Johnson nicht als Mr. No Deal in die Geschichte eingehen will.»