Seenotretter auf Irrfahrt: 500 Menschen suchen einen Hafen
Die Rettungsschiffe «Open Arms» und «Ocean Viking» haben zusammen mehr als 500 Menschen an Bord. Die Lage für die Migranten spitzt sich zu. Die UN sprechen von einem «Wettlauf gegen die Zeit».
Das Wichtigste in Kürze
- Die fast zwei Wochen andauernde Irrfahrt des spanischen Rettungsschiffs «Open Arms» mit 151 Migranten an Bord geht weiter.
Die Situation an Bord werde «mit jedem Tag schwerer», twitterte die Hilfsorganisation Proactiva Open Arms am Dienstag.
Die NGO forderte die spanische Botschaft in Malta zur Aufnahme der 31 Minderjährigen an Bord auf. «Sie erfüllen die Bedingungen, um als Flüchtlinge anerkannt zu werden», zitierten spanische Medien ein Schreiben von Kapitän Marc Reig an die diplomatische Vertretung.
Spaniens Verkehrsminister José Luis Ábalos betonte, der Kapitän habe aber keine «rechtliche Befugnis», um Asyl für die Jugendlichen zu beantragen. Die «Open Arms» habe bisher auch nicht offiziell darum gebeten, einen spanischen Hafen anlaufen zu dürfen, so Ábalos.
Auch die «Ocean Viking» der Organisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen mit 356 geretteten Migranten sucht nach einem sicheren Hafen. Die beiden nächstgelegenen europäischen Länder - Italien und Malta - verweigern Rettungsschiffen aber immer wieder die Einfahrt in ihre Häfen und wollen, dass andere EU-Staaten vorab eine Aufnahme der Migranten zusichern. Proactiva schrieb in sozialen Netzwerken: «Tag 12. Verlassen. Das Schweigen Europas ist eine Schande.»
Das deutsche Rettungsschiff «Alan Kurdi» zog derweil aus der Rettungszone vor Libyen ab und befindet sich in Spanien. «Dort werden wir eine kurze Pause einlegen für Wartungsarbeiten und für unseren Crewwechsel», sagte Sea-Eye-Sprecher Gorden Isler der Deutschen Presse-Agentur in Rom. Ende August wollen die Seenotretter vor die libysche Küste zurückkehren.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) forderte die europäischen Regierungen auf, die insgesamt 507 Menschen unverzüglich an Land zu lassen. «Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit», sagte Vincent Cochetel, Spezialist für das zentrale Mittelmeer. Er warnte vor aufziehenden Stürmen. Die Menschen benötigten dringend humanitäre Hilfe.
Maltas Innenminister Michael Farrugia veröffentlichte auf seinem Twitterkanal ein Foto, das einen toten Migranten und einen Begleiter auf einem Schlauchboot im Mittelmeer zeigen soll. Die Männer hätten offenbar versucht, nach Europa zu kommen, berichtete die Zeitung «Times of Malta». Sie wurden nach Angaben des maltesischen Militärs am Montagabend von einem Patrouillenboot entdeckt.
«Malta hat gerade einen einzelnen Überlebenden in kritischem Zustand von einem Schlauchboot gerettet», schrieb Farrugia. «Das tut das maltesische Militär jeden Tag. Wir können es nicht alleine schaffen.» Ein Überlebender habe «auf der Leiche eines anderen Migranten» gelegen, schrieb der Minister. Der Mann wurde nach einer Mitteilung des Militärs mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht.
Wegen der harten Linie Italiens würden Migranten nun auf andere Wege übers Mittelmeer ausweichen, teilte die EU-Grenzschutzbehörde Frontex mit. Auf der Route von Nordafrika nach Spanien stieg demnach die Zahl illegaler Einreisen im Juli im Vergleich zum Vormonat um 22 Prozent. Insgesamt kamen aber über alle Fluchtrouten in den ersten sieben Monaten 2019 etwa 30 Prozent weniger Menschen in die Europäische Union als in der gleichen Zeit des Vorjahrs - rund 54 300.