Serbiens Präsident will Europride im September ausfallen lassen
Die für Mitte September geplante Europride in Belgrad wurde abgesagt. Einer der Gründe dafür sollen die derzeitigen Spannungen mit dem Kosovo sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Europride Mitte September in Belgrad soll nicht stattfinden.
- Serbiens Regierung äusserte Sicherheitsbedenken aufgrund der Spannungen mit dem Kosovo.
- Die Organisatoren der Pride wollen jedoch am Datum festhalten.
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic will die für Mitte September in Belgrad geplante Europride ausfallen lassen. Organisatoren halten jedoch an Datum fest und fordern Behörden zu Schutz auf.
«Die Pride-Parade, oder wie auch immer man sie nennen mag, wird verschoben oder abgesagt», sagte Vucic am Samstag. Zur Begründung verwies er auf «alle möglichen Probleme», darunter Engpässe bei der Energie- und Lebensmittelversorgung. Es gebe aber auch Sicherheitsbedenken aufgrund der jüngsten Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo.
Europride ist eine paneuropäische Grossveranstaltung der LGTBQ-Bewegung, die seit 1992 jeden Sommer in einem anderen europäischen Land organisiert wird. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.
In diesem Jahr sollte Europride vom 12. bis 18. September in der serbischen Hauptstadt stattfinden; für den vorletzten Tag war der Pride March vorgesehen, der mit der Parade zum Christopher Street Day vergleichbar ist.
Organisatoren sprechen von Verstoss gegen Verfassung
Die Organisatoren erklärten umgehend, dass sie an dem Termin festhalten wollten. «Der Staat kann Europride nicht absagen - er kann nur versuchen, sie zu verbieten, was ein klarer Verstoss gegen die Verfassung wäre», erklärte Koordinator Marko Mihajlovic.
Die Organisatoren hatten bereits zuvor betont, wie wichtig die Ausrichtung von Europride in Serbien für die Gleichstellung sexueller Minderheiten «auf dem Westbalkan» sei. Nach den Äusserungen von Vucic appellieren die Veranstalter an die serbischen Behörden, die Europride zu schützen.
Die Präsidentin des Zusammenschlusses der europäischen Organisatoren von Pride-Veranstaltungen (Epoa), Kristine Garina, erklärte: «Weder die Gastgeber noch wir als Lizenzgeber werden die Europride absagen». Sie prangerte die «Rechtswidrigkeit eines solchen Verbots» an und hob hervor, dass Europride «eine Feier der Menschenrechte und der Gleichheit» sei.
Spannungen mit Kosovo abgeflacht
Vucic zufolge war die Entscheidung in Übereinstimmung mit der Mehrheit des Kabinetts und auch Regierungschefin Ana Brnabic getroffen worden, die offen homosexuell ist. Die von Vucic als eines der Argumente gegen Europride genannten Spannungen mit dem Kosovo wurden am Wochenende allerdings abgemildert: Nach langem Streit einigten sich Serbien und das Kosovo unter EU-Vermittlung auf gegenseitige Einreiseregelungen.
Die serbisch-orthodoxe Kirche begrüsste Vucics Ankündigung zur Europride mit dem Argument, die Parade würde «weitere Spannungen und Spaltungen in unserem Volk» verursachen. Die serbisch-orthodoxe Kirche spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung über Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten - unter anderem, indem sie die Pride-Paraden in Belgrad als «Schande» brandmarkte.
Serbien ist zwar eines der wenigen Länder, das eine offen lesbische Regierungschefin hat. Doch viele Angehörige sexueller Minderheiten in dem Land sehen sich weiterhin mit Tabus, Vorurteilen und auch Gewalt konfrontiert. In einer im Jahr 2020 veröffentlichten Erhebung der Menschenrechtsorganisationen Ideas und Glic berichteten fast 60 Prozent der befragten Angehörigen sexueller Minderheiten von Erfahrungen mit körperlichen oder emotionalen Misshandlungen.