So behandeln Militär-Psychologen Soldaten im Ukraine-Krieg
Psychisch geht es vielen russischen Soldaten im Ukraine-Krieg schlecht. Auch Ukrainer sind betroffen – doch wissen sie sich zu helfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ukraine-Krieg führt nicht nur zu körperlichen, sondern auch zu psychischen Schäden.
- Darum hat die Ukraine viele Psychologen eingeschaltet.
- Diese unterrichten die Soldaten in Sachen Stress- und Angstbewältigung.
Der Ukraine-Krieg dauert nun bereits mehr als ein Jahr an. Die Moral und Psyche der russischen Truppen sind desaströs.
Doch wie steht es um die Ukrainer? Hier dürfte es um die psychische Verfassung deutlich besser stehen. Die «New York Times» berichtet, wie gut sich Militärpsychologen um die Soldaten kümmern.
Ihor Bahniuk, ein stellvertretender Bataillonskommandeur, sagt zur Zeitung: «Die Jungs kamen aus ihren Stellungen zu mir und erzählten, dass sie (...) unter Stress stehen und Unterstützung brauchen. Sie schaffen es nicht allein.» Je länger der Krieg andauere, desto mehr Hilfe brauchten die Menschen.
Oberst Dombrovskyi leitet eine Gruppe von einigen Dutzend Psychologen und Ausbildnern in der ukrainischen Armee. Jedes Team führt monatlich 60 bis 90 Schulungen durch, darunter Gruppentherapien und Einzelsitzungen.
Rodion Hryhoryan, ein Militärpsychologe, erklärt mit Hinblick auf den Ukraine-Krieg: «Manchmal wissen die Soldaten nicht einmal, was das Problem ist. Dieses Training hilft ihnen, es herauszufinden.» Dabei gehe es auch darum, worauf sie achten müssen, wie sie «ihren Verstand und ihre Gedanken kontrollieren können».
Die Ausbildner lehren dabei verschiedene Atemtechniken zum Stressabbau. So soll verhindert werden, dass die Soldaten bei einem Angriff in Panik geraten. Sowohl körperliche als auch mentale Übungen sind Thema. Grossgeschrieben wird zudem die Möglichkeit, sich an den Sitzungen aussprechen zu können.
«Panik breitet sich aus wie Infektion»
«Es geht nicht nur um Leben und Tod, sondern auch um den Verlust der Heimat, eines Verwandten ... Oder der Stadt, in der man lebte. Das löst grosse Ängste aus», so Ausbildner Oleksandr.
«Wenn mein Bruder Panik hat, färbt das auf mich ab», erklärt er an einer Therapie-Session. «Unterbewusst schalte ich in den Gefahrenmodus ein und infiziere damit meine ganze Truppe.» Es folgt eine «Schritt für Schritt»-Anleitung, wie Soldaten Betroffene im Ukraine-Krieg aus der Panik herausmanövrieren können.
Der Soldat Konstiantyn befindet sich seit November an der Front. Am Ende einer Schulung bittet er die Psychologen um Ratschläge, wie er verhindern könne, dass er auf dem Schlachtfeld «einfriert».
Er klagt: «Ich habe Albträume, und manchmal ist mir nicht einmal nach Schlaf zumute.» Werde seine Position beschossen, sei es wie eine Lotterie. «Wird es dich treffen oder nicht?»
Soldat erleidet wegen Stress im Ukraine-Krieg Herzinfarkt
Volodymyr, ein weiterer Soldat, sagt, er habe während eines Einsatzes einen Herzinfarkt erlitten. Daran, dass eine solche Therapie-Sitzung ihm seine Angst nehme, glaube er nicht. «Stell dir vor, du bist zwei Wochen ununterbrochen von Granaten und Explosionen umgeben», fängt er an.
«Du schaffst es, dich zu verstecken, dann hebst du den Kopf: Ein paar Meter von dir entfernt ist ein Krater so tief wie dein ganzer Körper.» Wer das nicht erlebt habe, könne dies nicht verstehen.