Artikel 13: Mehrheit im EU-Parlament unsicher
Die Debatte ums Urheberrecht wird von Woche zu Woche hitziger geführt - am Dienstag ist für Gegner und Befürworter der Tag der Entscheidung. Wie das Ergebnis aussehen wird? Nicht absehbar.
Das Wichtigste in Kürze
- Kurz vor der entscheidenden Abstimmung zum neuen EU-Urheberrecht im Europaparlament ist eine Mehrheit für das Vorhaben mit Artikel 13 fraglich.
«Es wird knapp, es ist eine knappe Entscheidung, aber ich glaube, dass es am Ende für eine Streichung (von Artikel 13) reicht», sagte der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.
Der Protest gegen das Vorhaben war zuletzt immer grösser geworden. Am Wochenende waren Zehntausende in mehreren deutschen und anderen Städten Europas dagegen auf die Strasse gegangen.
Eigentlich soll die Reform das Copyright auffrischen und Urhebern für ihre Inhalte im Internet eine bessere Vergütung sichern. Kritiker wenden ein, dass Plattformen wie YouTube nach Artikel 13 künftig schon beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist ihrer Meinung nach nur über automatisierte Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde. Dadurch drohe Zensur. Allein in München gingen am Samstag nach Polizeiangaben 40.000 Menschen auf die Strasse.
Wölken ist im Parlament einer der prominentesten Kritiker von Artikel 13. Er geht davon aus, dass am Dienstag zumindest dieser Teil der Reform gestrichen wird. Schon bei der jüngsten Abstimmung im September - als das Parlament sein Verhandlungsmandat beschloss - sei die Mehrheit dafür knapp gewesen. Die europaweiten Proteste am Wochenende seien ein starkes Zeichen gewesen.
Auch der Europäische Verbraucherverband Beuc rief die Abgeordneten am Montag dazu auf, Artikel 13 abzulehnen. Davon hänge ab, ob das Internet für Verbraucher künftig weiterhin ein Ort sei, an dem sie Inhalte einfach mit Freunden teilen könnten, oder ob sie befürchten müssten, dass ihre Uploads systematisch blockiert werden. «Falls Artikel 13 durchgeht, werden Upload-Filter die heutige Funktionsweise des Internets drastisch ändern», sagte Beuc-Generaldirektorin Monique Goyens.
Den Kompromiss, über den am Dienstag abgestimmt wird, hatten Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten Mitte Februar erzielt. Er sieht in Artikel 11 ausserdem ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vor. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen.
Befürworter der Reform argumentieren, die Reform sei in Gänze nötig, um eine faire Beteiligung von Kreativen an den Umsätzen, die mit ihren Inhalten im Netz erzielt werden, zu gewährleisten.
Sollten die Abgeordneten dem Vorhaben in Gänze zustimmen, wäre es mit höchster Wahrscheinlichkeit noch vor der Europawahl Ende Mai beschlossene Sache. Das Parlament könnte sich auch dafür aussprechen, einzelne Artikel zu streichen. Dann müssten die EU-Staaten dem anschliessend allerdings zustimmen.
Falls sie das nicht tun, müssten Europaparlament und EU-Staaten erneut verhandeln. Diese Verhandlungen wären wohl erst abgeschlossen, nachdem das neue Europaparlament Anfang Juli zusammengekommen ist. Sollte das Parlament den gesamten Vorschlag am Dienstag ablehnen - was als unwahrscheinlich gilt - müsste ebenfalls erneut verhandelt werden.