Spitzenköche locken Touristen nach Russland

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Russland,

Russlands schillernde Metropole Moskau gehört nun zum Olymp der Spitzengastronomie. Zum ersten Mal verleihen Restaurantexperten der französischen Gourmetbibel Michelin Sterne in der grössten europäischen Stadt. Dabei gibt es auch jede Menge Probleme.

Ein Gericht mit Heilbutt aus dem Restaurant White Rabbit. Foto: Ulf Mauder/dpa
Ein Gericht mit Heilbutt aus dem Restaurant White Rabbit. Foto: Ulf Mauder/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Russlands nationale Küche sieht sich nach jahrelangem Ringen um internationale Anerkennung am Ziel.

Die berühmte Suppe Borschtsch, Pelmeni und Boeuf Stroganoff gelten neben Delikatessen wie Kamtschatka-Krabben, Kaviar und Stör längst als Inbegriffe authentischer russischer Landesküche.

Nun feiert die Feinschmecker-Nation Frankreich mit ihrem roten Restaurantführer «Guide Michelin» erstmals die Gastronomie im flächenmässig grössten Land der Erde.

Historisches Ereignis für Russland

«Die russische Hauptstadt ist ein kulinarisches Juwel, das eine famose Vielfalt an nationaler und internationaler Küche offenbart», sagt Gwendal Poullennec, der internationale Direktor der Michelin-Führer, in Moskau. Der rote französische Restaurantführer hat erstmals Spitzenköche ausgezeichnet - und auf Anhieb neun Restaurants mit mindestens einem Stern geehrt.

Fünf Jahre lang hätten die Tester gearbeitet, sagt Poullennec. Mindestens einen Stern gab es für die Restaurants in Moskau. Als bestes Lokal wurde «Twins Garden» der Zwillinge Iwan und Sergej Beresuzki ausgezeichnet. Die Brüder sprechen von einem «historischen Ereignis» für Russland. Sie bekamen nicht nur zwei Michelin-Sterne, sondern auch einen grünen Stern als Bio-Restaurant und eine Ehrung für den besten Service.

Zwei Sterne erhielt zudem Artjom Jestafjew («Artest-Chef's Table»). Je einen Stern gab es für Anatoli Kasakow («Selfie»), Jewgeni Wikentjew («Beluga»), David Hemmerlé («Grand Cru»), Wladimir Muchin («White Rabbit»), Jekaterina Aljochina («Biologie»), Alexej Kogaj («Sachalin») und Andrej Schmakow («Savva»).

Russische Kochkunst international bekannt machen

Für Wladimir Muchin vom Restaurant «White Rabbit» ist das ein ersehnter Sieg nach einem langen und nicht einfachen Weg. «Es ist eine Anerkennung für die russische Küche, für mich und mein Team ein Ritterschlag, ein Schritt, eine Motivation, das wir uns noch weiter entwickeln», sagt der 38-Jährige überglücklich.

Er erinnert daran, dass noch zu Sowjetzeiten unter den Kommunisten landesweit nach einem Kochbuch nach streng geregelten Normen zubereitet wurde - ohne Kreativität. Sein Ziel sei heute, die russische Kochkunst international bekannt zu machen.

Das Lokal gilt seit langem als erste Adresse in Moskau für alle, die russische Küche in moderner Aufmachung mögen. Bei Muchin treffen etwa geschmorter Weisskohl auf eine cremige Sosse mit rotem Kaviar oder Waldpilze auf Kabeljau. «Wir leben sehr von saisonalen Produkten», sagt er. Dabei räumt er ein, dass es ihn ärgert, dass es schon seit Jahren ein russisches Embargo gegen Lebensmittel aus der EU gibt. «Ich finde es schlimm, dass ich keinen französischen Käse kaufen kann hier», sagt der Koch, der auch in Frankreich gelernt hat.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Einfuhr etwa von Fleisch, Milchprodukten, Obst und Gemüse untersagt - als Reaktion auf Sanktionen der EU und USA gegen das Land wegen seiner aggressiven Politik in der Ukraine. Allerdings hätten inzwischen viele russische Bauern gelernt, Käse wie in Italien oder Frankreich herzustellen, sagt Muchin. Die Suche nach guten Zutaten sei zwar insgesamt wegen des Einfuhrverbots aufwendig. Von Mangelwirtschaft, wie noch zu Sowjetzeiten, ist in Russland jedoch insgesamt nichts zu spüren.

«Wir haben inzwischen einige private Farmer, die Möhren, Tomaten, Kohl und alles, was wir brauchen, ohne Pestizide und organisch so anbauen, wie es sich für Küche dieser Qualität gehört», sagt er. Es sei lange wie «russisch Roulette» gewesen, zuverlässige Lieferanten zu finden. «Der Erfolg eines Restaurants hängt zu 70 Prozent von der guten Qualität der Produkte ab», sagt Muchin, geboren in Jessuntiki im Kaukasus. Zutaten selbst stammten aus einer Familie von Köchen aus einer Region, die berühmt ist für ihre Märkte voller Aromen und dem ganz ursprünglichen Geschmack von Früchten.

Leidenschaftliche und innovative Köche

Moskau, grösste Stadt Europas, setzt auf leidenschaftliche und innovative Köche. Bürgermeister Sergej Sobjanin. Er sieht gute russische Küche neben den Sehenswürdigkeiten wie dem Roten Platz mit dem Kreml als Magnet an, um Besucher aus aller Welt anzulocken. «Durch den Guide Michelin zeigt sich unsere Stadt den Touristen und den Moskauern selbst noch einmal auf andere Weise», sagt er. Nach zeitweiliger Schliessung wegen der Corona-Pandemie sind die Lokale in der Metropole mit ihren deutlich mehr als 12 Millionen Einwohnern wieder rappelvoll.

In den vergangenen Jahren öffneten mehrere Food-Courts in riesigen Markthallen - in denen es von Sushi über usbekische und kaukasische bis hin zu Pizza alles gibt. 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gebe es nun erstmals Sterne-Restaurants auf dem Gebiet des einst ersten kommunistischen Staates der Welt. Sobjanin meinte, es gebe noch viele Sterne in Moskau - am Kreml etwa aus kommunistischen Zeit. Die Reaktion ist klar: Moskau sei längst in eine neue Ära aufgebrochen 15.000 gastronomische Einrichtungen gebe es in Moskau.

Mehrheit der Russen können sich Sterneküche nicht leisten

Klar ist aber auch, dass sich die grosse Mehrheit der Russen Essen in den nun mit den Michelin-Sternen ausgezeichneten Sternen kaum leisten können. Die Renten in Russland liegen bei um die 200 Euro umgerechnet. Und selbst Professoren gehen mit Durchschnittslöhnen um die 50.000 Rubel (rund 600 Euro) nach Hause.

Der Chef des Michelin-Führers Poullennec betont aber, dass in einem neuen Restaurantführer für jeden was dabei sei - auch für jene mit geringem Budget. Moskau biete da ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mit insgesamt 15 Restaurants, in denen es ein Essen unter 25 Euro umgerechnet gebe.

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