Srebrenica Völkermord vor 25 Jahren: Angehörige gedenken Opfer
1995 begingen bosnisch-serbische Milizen in Srebrenica Völkermord an mehr als 8000 Muslimen. 25 Jahren später gedachten Angehörige nun den Opfern.
Das Wichtigste in Kürze
- 1995 drangen bosnisch-serbische Milizen in UN-Schutzzone in Srebrenica ein.
- Sie ermordeten mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer.
- 25 Jahre später haben die Menschen in Bosnien-Herzegowina dem Völkermord gedacht.
Der Srebrenica Völkermord gilt als schlimmstes Verbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. 25 Jahre später gedachten Menschen in Bosnien-Herzegowina den Opfern.
Srebrenica habe sich als «das dunkelste Kapitel der Kriege auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien» ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Dies sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Videobotschaft für die zentrale Gedenkzeremonie. Auf dem Gedenkfriedhof in Potocari wurden neun erst kürzlich identifizierte Opfer beigesetzt.
Die Srebrenica Völkermord mache bis heute fassungslos, sagte Steinmeier. «Der tausendfache Mord ist in seiner Brutalität und Dimension singulär für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.» Der Bundespräsident betonte: «Es war Völkermord.»
Srebrenica Völkermord: 8000 Muslime ermordet
Am 11. Juli 1995 ereignete sich in und um Srebrenica das schlimmste Kriegsverbrechen auf europäischem Boden seit 1945. Unter Führung des Generals Ratko Mladic marschierten bosnisch-serbische Milizen in die UN-Schutzzone ein. Sie ermordeten innerhalb weniger Tage mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer, die hier mit ihren Familien Zuflucht gefunden hatten.
Bis heute wurden die sterblichen Überreste von knapp 6900 Opfern des Massakers gefunden und identifiziert. Zahlreiche weitere Familien wissen bis heute nicht, wo ihre ermordeten Angehörigen sind.
Hasib Hasanovic fand an diesem Samstag endlich seine letzte Ruhestätte. Seine sterblichen Überreste gehörten zu jenen, die erst im Laufe des vergangenen Jahres einem Opfer des Massakers zugeordnet werden konnten.
Auch ihre vier Schwestern hätten beim Srebrenica Völkermord ihre Männer verloren, sagte Hasanovics Witwe Ifeta vor Beginn der Trauerzeremonie. «Mein Bruder wurde getötet, ebenso sein Sohn. Meine Schwiegermutter hat einen weiteren Sohn sowie ihren Ehemann verloren», sagte die heute 48-Jährige.
Trotz strengster Vorkehrungen wegen der Corona-Pandemie nahm auch der 27-jährige Sehad Hasanovic an der Zeremonie teil. Er gedachte seines ermordeten Vaters Semso. Zwei Jahre alt war Hasanovic, als sein Vater «in den Wald ging und nie wieder zurückkehrte». Geblieben seien von Semso nur «wenige Knochen», so Hasanovic, der heute selbst eine zweijährige Tochter hat.
Massaker als Völkermord eingestuft
Das UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag stufte das Massaker von Srebrenica als Völkermord ein. Viele Vertreter der serbischen Seite lehnen diese Bewertung bis heute ab. Erst kürzlich relativierte der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic das Massaker. Er sprach lediglich von «etwas, auf das wir nicht stolz sein sollten und können».
Es gebe «täglich neue Beweise, die die derzeitige Darstellung von allem, was passiert ist, widerlegen». Dies sagte der bosnisch-serbische Bürgermeister des bis heute von Armut geprägten Srebrenica, Mladen Grujicic am Freitag. Der Präsident der serbischen Teilrepublik Srpska in Bosnien, Milorad Dodik, spricht von dem Srebrenica Völkermord sogar als «Mythos».
Dialog und Versöhnung
Viele Serben verehren Mladic, der vom UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien wegen Kriegsverbrechen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, bis heute. Zu lebenslanger Haft verurteilt wurde in Den Haag auch der ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic.
In seiner Videobotschaft warb Steinmeier trotz des Leids für Dialog und Versöhnung. «Die Wunden, die vor 25 Jahren in Ihre Gesellschaft gerissen wurden, sind nicht verheilt», betonte er. Dafür sei auch eine Rhetorik verantwortlich, die «das vermeintlich Trennende» in den Vordergrund stelle.
Stattdessen sollten geteilte Sorgen und Nöte überwiegen. Und der Wunsch nach einer guten Zukunft für die Kinder «in einem europäischen Bosnien und Herzegowina». Es gelte, das Gespräch zu suchen, «wo lange kein Wort mehr gesagt wurde».