Unter Tränen schildert Susannas Mutter das Leben nach dem Tod ihrer Tochter. Deren mutmasslicher Mörder Ali B. bleibt ungerührt. Doch der Angeklagte bittet am Ende noch um Verzeihung.
Der Angeklagte im «Mordfall Susanna», Ali B., verdeckt beim Betreten des Verhandlungssaals sein Gesicht vor den Kameras der Fotografen. Foto: Boris Roessler
Der Angeklagte im «Mordfall Susanna», Ali B., verdeckt beim Betreten des Verhandlungssaals sein Gesicht vor den Kameras der Fotografen. Foto: Boris Roessler - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die 14-jährige Mainzer Schülerin Susanna war erwürgt und in einem Erdloch verscharrt in einem Wald gefunden worden: Für den Mord an dem Mädchen soll der irakische Flüchtling Ali B. eine lebenslange Haftstrafe bekommen.
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Der 22-Jährige habe kaltblütig, zielgerichtet und heimtückisch gehandelt, begründete Staatsanwältin Sabine Kolb-Schlotter am Dienstag vor dem Wiesbadener Landgericht in ihrem zweistündigen Plädoyer den Strafantrag. Sie beantragte, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren wäre damit für Ali B. so gut wie ausgeschlossen.

Der irakische Flüchtling ist angeklagt, Susanna vor mehr als einem Jahr im Wiesbadener Stadtteil Erbenheim vergewaltigt und ermordet zu haben. Ali B. habe Susanna zielgerichtet getötet, um zu verhindern, dass die 14-Jährige nach der Vergewaltigung zur Polizei geht, erklärte die Staatsanwältin in ihrem Schlussvortrag.

Der 22-Jährige habe ein Leben ausgelöscht, das in seinen Augen keinen Wert gehabt habe. Susanna sei ein willkürliches Opfer von Ali B. für die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse gewesen. Es sei nicht die Tat eines traumatisierten Flüchtlings gewesen, sagte die Staatsanwältin. «Benutzt, getötet, verscharrt.» Der Angeklagte habe ein Verbrechen begangen, das an Abscheulichkeit kaum zu überbieten sei.

Die Verteidigung verzichtete in ihrem Plädoyer auf einen Antrag für ein konkretes Strafmass. Rechtsanwalt Marcus Steffel hob in seinem Schlussvortrag jedoch hervor, dass Ali B. die Tat eingeräumt und Reue gezeigt habe. In seinem letzten Wort als Angeklagter bat der 22-Jährige die Mutter von Susanna um Entschuldigung. Er würde alles dafür tun, das Geschehene rückgängig zu machen, sagte Ali B. in der Verhandlung. Aber das könne er nicht. Er sei bereit, seine Strafe auf sich zu nehmen und diese bis zum letzten Tag abzusitzen.

Die Mutter von Susanna sagte am Ende des Prozesses unter Tränen und von Weinkrämpfen geschüttelt, die Tat sei nicht wieder gut zu machen. Eine gerechte Strafe für Ali B. gebe es aus ihrer Sicht nicht. «Ich habe bereits lebenslänglich bekommen, obwohl ich keine Schuld trage.» Susanna sei völlig sinnlos aus dem Leben geschieden. Die Nachricht ihres Todes sei der schlimmste Tag in ihrem Leben gewesen. Sie habe danach ein halbes Jahr das Zimmer von Susanna in ihrer Wohnung nicht betreten.

Zum Prozessauftakt vor rund vier Monaten hatte Ali B. gestanden, Susanna getötet zu haben. Eine Vergewaltigung bestreitet der 22-Jährige, der vor der Tat in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden lebte.

Den Ausführungen der Staatsanwältin, die von einem Dolmetscher übersetzt wurden, hörte der 22-Jährige ohne erkennbare Regung zu. Der Angeklagte, der in blauem T-Shirt und Jeans zur Verhandlung erschienen war, sitzt seit mehr als einem Jahr in einer Einzelzelle in Untersuchungshaft. Die Mutter von Susanna weinte an vielen Stellen des rund zweistündigen Plädoyers der Staatsanwältin.

Zur Begründung ihres Strafantrags führte Kolb-Schlotter die Merkmale Heimtücke und eine Verdeckungsabsicht an. Es gebe keine verminderte Schuldfähigkeit. Das Gericht könnte in seinem Urteil zudem eine Sicherungsverwahrung anordnen, erklärte sie. Dafür müsste die Kammer bei dem Angeklagten jedoch einen Hang zur Begehung weiterer Straftaten feststellen. Es sei allerdings noch nicht erkennbar, ob diese Neigung bei Ali B. bereits tief verwurzelt ist. Die Nebenklage schloss sich dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft an und beantragte zudem eine Sicherungsverwahrung für den 22-Jährigen.

Die Leiche der Schülerin war nach einer grossen Suche am 6. Juni vergangenen Jahres in einem kleinen Wald gefunden worden. Kurz nach dem Tod von Susanna hatte sich Ali B. mit seiner Familie in seine Heimat abgesetzt.

Im kurdisch kontrollierten Nordirak wurde er jedoch wenige Tage danach gefasst und von der Bundespolizei nach Deutschland zurückgebracht. In einem weiteren Prozess muss sich der Iraker wegen der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens verantworten. Das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Das Urteil will das Wiesbadener Landgericht am 10. Juli verkünden.

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