Täglich melden sich in Deutschland neue MeToo Betroffene
Was ist aus der #MeToo-Debatte geworden? In Deutschland gibt es darauf zumindest eine konkrete Antwort.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit #MeToo wird auch in Deutschland über Belästigung und sexuelle Gewalt diskutiert.
- «Themis» ist eine Anlaufstelle für Betroffenen aus Film, Fernsehen und Theater.
Die Besetzungscouch. Der Klaps auf den Po. Der brüllende Film-Macho am Set. Alles von gestern? Seit dem Start der #MeToo-Debatte im Oktober 2017 wird auch in Deutschland über Belästigung und sexuelle Gewalt diskutiert.
Seit Herbst dieses Jahres gibt es für die Betroffenen aus Film, Fernsehen und Theater eine zentrale Anlaufstelle in Berlin, die von 17 Brancheneinrichtungen ins Leben gerufen wurde und von Kulturstaatsministerin Monika Grütters gefördert wird. Die Stelle heisst «Themis», nach der griechischen Göttin der Gerechtigkeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Die Resonanz ist laut dem Themis-Vorstand «sehr gut». Seit dem 1. Oktober melden sich dort demnach täglich neue Betroffene. «Das Schöne ist, dass sich nicht nur Betroffene, sondern auch Unternehmen melden, die Rat suchen, die wissen wollen, wie gehe ich mit Fällen von Belästigung und sexueller Gewalt um», sagt der Jurist Bernhard Störkmann vom Bundesverband Schauspiel im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Überwiegend Frauen
Bei den Fällen in der Anlaufstelle gebe es alles, von verbaler Belästigung bis zu schweren Straftaten, so Rohm. Zu Themis kommen überwiegend Frauen, aber auch Männer, die sich Rat bei einer Juristin und einer Psychologin holen können - auf Wunsch auch bei einem Mann. Es ist ein «geschützter Raum». Auf Vertraulichkeit und Anonymität wird viel Wert gelegt. Nichts wird demnach ohne Einverständnis der Betroffenen unternommen.
Die Vorwürfe von Kritikern, in Metoo-Zeiten sei kein Flirt erlaubt und das Knistern am Filmset sei nötig für die künstlerische Arbeit, kennen die Themis-Fachleute. So erklärt die Homepage der Anlaufstelle, wo die Grenze von Belästigung zum Flirt liegt: «Flirts entstehen im beiderseitigen Einverständnis. Sie sind am Arbeitsplatz erlaubt. Übergriffiges Verhalten geschieht jedoch ohne das Einverständnis der anderen Person.»
Themis soll sich langfristig etablieren. «Die Kulturbranche geht dabei voran: Die Anlaufstelle hat eine Leuchtturmfunktion, weil es das in anderen Branchen nicht gibt», so Rohm. Im kommenden Jahr soll eine Studie mit einer Umfrage erkunden, wie gross das Ausmass von Belästigung und sexueller Gewalt in Film, Fernsehen und Theater ist. Dass es die Besetzungscouch - also das Prinzip Rolle gegen Sex - heute nicht mehr gibt, bezweifelt Rohm. «Warum sollte es die nicht mehr geben?»