Ticker: Ukraine ist für Trump «Nebenschauplatz, Selenskyj Hindernis»
Nach dem Streit im Weissen Haus mit Wolodymyr Selenskyj hat Donald Trump sämtliche US-Militärhilfen für die Ukraine suspendiert. Das Neuste im Ticker.

Das Wichtigste in Kürze
- Die USA pausieren ihre Militärhilfe für die Ukraine.
- Laut Beratern von Trump handelt es sich um keine «dauerhafte Einstellung».
- Es solle überprüft werden, ob die Hilfe zu einer Lösung beitrage.
- Die neusten Entwicklungen dazu gibt es hier im Ticker.
Die Vereinigten Staaten setzen ihre Militärhilfe für die Ukraine aus. Das hat ein Beamter des Weissen Hauses am Montag gegenüber «Reuters» bestätigt.
Der Beamte sagte, die USA unterbrechen und überprüfen die Hilfe. Dies, um sicherzustellen, dass sie zu einer Lösung beiträgt.
Die Unterbrechung soll so lange dauern, bis Trump feststelle, dass die Landesführung ein ernsthaftes Engagement für den Frieden zeigt. Das berichten unter anderem «Bloomberg» und «Fox News».
«Dies ist keine dauerhafte Einstellung der Hilfe, es ist eine Unterbrechung», zitierte Fox News einen Beamten der Trump-Regierung.
Das Neuste liest du hier im Ticker. Mehr zum Thema findest du ganz unten.
Selenskyj stimmt sich mit Merz ab
15.38: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich mit dem deutschen Wahlsieger Friedrich Merz abgestimmt.
Er habe Merz für dessen Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gedankt, schrieb Selenskyj auf der Plattform X.

Sie hätten ihre Positionen koordiniert und sich auf weitere Zusammenarbeit und Kontakte verständigt, schrieb Selenskyj weiter. Die Ukraine wisse die deutschen Bemühungen zur Wiederherstellung der Sicherheit in Europa und zur Unterstützung der Ukraine sehr zu schätzen.
Selenskyj erinnerte zudem daran, dass Deutschland der für die Ukraine führende Lieferant von Luftabwehrsystemen sei und zudem eine entscheidende Rolle spiele, was finanzielle Hilfen angehe.
Selenskyj seit Eklat in Ukraine beliebter
14.03: Militärexperten schätzen, die Ukraine kann ohne weitere US-Militärhilfen noch etwa sechs Monate mit gleicher Intensität weiterkämpfen.
Solche Schätzungen seien aber mit Vorsicht zu geniessen. Das sagt der emeritierte Professor und Osteuropa-Kenner Nicolas Hayoz von der Universität Freiburg zu Nau.ch.
Die ukrainische Armee sei heute viel besser aufgestellt und habe eine ständig steigende Produktion von Drohnen. Mit diesen könne sie konventionelle Waffen wie Artillerie ersetzen.
«Das heisst also auch, dass die Ukraine alles Mögliche unternimmt, um von ausländischer Waffenhilfe unabhängiger zu werden. Wie gut das gelingen wird, wird man sehen.»
Solche Schätzungen würden aber gerade europäische Verbündete dazu bringen, sich «noch viel stärker zu engagieren».
Einen Teil der ausfallenden US-Hilfe könne Europa auffangen, andere Sachen wiederum nicht. «Aber in der Not kann sich vieles bewegen. Es gibt auch Bestrebungen, Ersatz zu finden für das Starlink-System.»
Trumps erhöhter Druck auf Selenskyj hält der emeritierte Professor für eine «infame Politik», um seine Ziele zu erreichen.

Trump habe den ukrainischen Präsidenten nie gemocht. «Für ihn ist die Ukraine ein Nebenschauplatz, der ihn eigentlich nicht interessiert. Und Selenskyj ist ein ‹Störfaktor›, ein Hindernis auf dem Weg zu einem Abkommen zwischen den Grossmächten Russland und den USA.»
Von Rache will Osteuropa-Experte bei Trumps neustem Beschluss zwar nicht sprechen. Doch «es ist das gemeine Wesen eines Leaders, der nur in Transaktionskategorien, Geld usw. denken kann. Er wird aber genau damit das Gegenteil bewirken, wie man jetzt in der Reaktion der Europäer sehen kann.»
Und: Selenskyj erfreue sich in der Ukraine seit dem Eklat mehr Zustimmung.
Kreml begrüsst Trump-Entscheid
10.53: Russland hat mit Freude auf Berichte über die Aussetzung der US-Militärhilfe für die Ukraine reagiert. «Die Details bleiben abzuwarten, aber wenn es wahr ist, ist es eine Entscheidung, die tatsächlich das Kiewer Regime in Richtung eines Friedensprozesses bewegen kann», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Russland hatte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj immer wieder vorgeworfen, kein Interesse an Friedensverhandlungen zu haben und den Krieg lieber fortsetzen zu wollen. US-Präsident Donald Trump hatte sich zum Entsetzen anderer westlicher Staaten die russische Argumentation zuletzt zu eigen gemacht. Selenskyj betonte hingegen immer wieder, den Krieg beenden zu wollen.
Die Regierung Trumps stellt die US-Militärhilfe für die von Russland seit mehr als drei Jahren angegriffene Ukraine vorerst ein. Trump habe «unmissverständlich klargemacht, dass sein Fokus auf Frieden» liege, teilte das Weisse Haus in Washington mit.
EU will 800 Milliarden Euro mobilisieren
10.06: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen Plan zur Stärkung der europäischen Verteidigungsausgaben vorgeschlagen, mit dem nach eigenen Angaben bis zu 800 Milliarden Euro mobilisiert werden sollen. Die Sicherheit Europas sei auf sehr reale Weise bedroht, sagte von der Leyen in Brüssel.
«Dies ist die Stunde Europas, und wir müssen ihr gerecht werden», erklärte sie. «Wir befinden uns in einer Ära der Aufrüstung, und Europa ist bereit, seine Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen.»
Von der Leyens Plan sieht unter anderem einen neuen Fonds in Höhe von 150 Milliarden Euro vor, um die Verteidigungsinvestitionen in der EU zu erhöhen, unter anderem für Militärhilfen für die Ukraine. Die Mittel sollen insbesondere für Luft- und Raketenabwehr, Artilleriesysteme, Drohnen sowie Cybersicherheit bereitstehen.

«Hier geht es um bessere und gemeinsame Ausgaben», sagte von der Leyen. Die Mitgliedstaaten könnten so ihre Nachfrage bündeln, gemeinsam einkaufen und gleichzeitig die Unterstützung für die Ukraine verstärken.
Zudem soll die Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts aktiviert werden. Sie soll es Mitgliedstaaten erlauben, neue Schulden für Verteidigungsausgaben zu machen, ohne deswegen ein EU-Defizitverfahren befürchten zu müssen.
Von der Leyen hofft, dass ihr Vorschlag zusammen mit privatem Kapital und zusätzlichen Mitteln für die Europäische Investitionsbank nahezu 800 Milliarden Euro für die Verteidigung mobilisieren könnte. Sie präsentierte ihren Plan kurz vor einem Sondergipfel zur Ukraine am Donnerstag. Dort wollen die EU-Staats- und Regierungschefs unter anderem darüber beraten, wie man die europäische Rüstungsindustrie weiter hochfahren kann.
Deutsche CSU fordert Wehrpflicht
Gleichzeitig fordert die deutsche CSU-Partei die Rückkehr der Wehrpflicht noch in diesem Jahr – die deutsche Bundeswehr hat zu wenig Soldaten.
Florian Hahn, der verteidigungspolitische Sprecher der CSU, sagt zur «Bild»-Zeitung: «Die Aussetzung der Wehrpflicht passt nicht mehr zur aktuellen Gefährdungslage. Noch im Jahr 2025 müssen die ersten Wehrpflichtigen durch die Kasernentore schreiten. Wir können ja nicht teilnahmslos zuschauen, wie die Welt um uns unsicherer wird.»
9.45: Nach Grossbritannien und Frankreich hat auch Australien Bereitschaft signalisiert, im Falle einer Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine Friedenstruppen in das angegriffene Land zu entsenden.
Seine Regierung sei bereit, die Ukraine zu unterstützen und eine mögliche Friedensmission in Betracht zu ziehen, sagte Premierminister Anthony Albanese vor Journalisten. Kurz zuvor hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump bekanntgegeben, die Militärhilfe der Vereinigten Staaten für die Ukraine vorerst einzustellen.

Australien ist kein Mitglied der Nato, gehört aber zu den globalen Partnern des Bündnisses. Noch am Montag hatte die Regierung in Canberra betont, eine Beteiligung an einer Friedensmission sei nicht geplant, auch wenn Australien «Schulter an Schulter» mit der Ukraine stehe. Australische Medien sprachen nun von einer klaren Kehrtwende.
So lange hält die Ukraine aus
9.32: Seit dem Amtsantritt Trumps im Januar gab es keine neuen militärischen Hilfspakete der USA mehr für die Ukraine. Bislang profitierte das angegriffene Land aber noch von Waffenlieferungen, die noch in Bidens Amtszeit angestossen wurden.
Laut Selenskyj liefern die USA 30 Prozent der von der Ukraine eingesetzten Waffen und Munition.
Schätzungen gingen bisher davon aus, dass das ukrainische Militär mit den von Biden eingeleiteten Waffenlieferungen noch etwa ein halbes Jahr in der gleichen Intensität weiterkämpfen könne.

Die Ukraine bekommt zwar auch viel Unterstützung von etlichen anderen westlichen Ländern. Ob diese den Wegfall der gewaltigen Hilfen der Amerikaner aber ausgleichen können, ist höchst fraglich.
Besonders bei den Raketen für die Flugabwehrsysteme des Typs Patriot sind die US-Lieferungen nicht zu ersetzen.
In der Flugabwehr könnten so schnell Schwachstellen entstehen, die das russische Militär für seine Angriffe mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern ausnutzen kann. Für das angeschlagene Energiesystem, wichtige Rüstungsfabriken oder andere strategisch bedeutsame Ziele der Russen gäbe es kaum Schutz.
Schmerzhaft für die Ukraine wäre auch der Wegfall von US-Geheimdienstinformationen über Russland.
Vance wirft Selenskyj Blockade von Friedensgesprächen vor
7.00: US-Vize J.D. Vance hat Wolodymyr Selenskyj vorgeworfen, nicht bereit für Friedensverhandlungen mit Russland zu sein (hier geht es zum Artikel).
US-Präsident Donald Trump habe deutlich gesagt, dass die Tür für Selenskyj offenstehe, wenn er ernsthaft bereit sei, über Frieden zu sprechen, sagte Vance dem US-Sender Fox News in einem Interview.

«Man kann nicht ins Oval Office oder sonst wohin kommen und sich weigern, auch nur die Details eines Friedensabkommens zu besprechen», monierte der Republikaner.
Vance sagte im Interview weiter: «Der einzige realistische Weg, diese Sache zu einem Abschluss zu bringen, ist der Weg von Präsident Trump. Wir ermutigen sowohl Präsident Selenskyj als auch Präsident Putin, diesen Weg zu gehen.»
Trump wolle in der Lage sein, mit Putin ins Gespräch zu kommen. Niemandem sei geholfen, wenn man Putin öffentlich beleidige. Das Interview war aufgezeichnet worden, bevor bekannt wurde, dass die USA ihre Militärhilfe für die Ukraine vorerst einstellen.
Über 1 Mrd. Dollar an Waffen und Munition betroffen
Die Anordnung tritt sofort in Kraft und betreffe Waffen und Munition im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar, die sich bereits in der Lieferung befänden oder bestellt worden seien. Der «Washington Post» zufolge wurde die Entscheidung bei einem Treffen am Montag im Weissen Haus getroffen.
Trump tauschte sich demnach unter anderem mit Aussenminister Marco Rubio, Vizepräsident J.D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth aus. Es hiess weiter, Trump habe Hegseth angewiesen, die Unterbrechung durchzuführen.
Noch Stunden zuvor meinte Trump: «Wir werden sehen, was passiert»
Nur Stunden zuvor war Donald Trump entsprechenden Fragen ausgewichen, als er von Reportern im Weissen Haus auf die Militärhilfe für die Ukraine angesprochen worden war. Trump liess mehrere Nachfragen von Reportern bei einem Auftritt im Weissen Haus unbeantwortet. «Wir werden sehen, was passiert», entgegnete der Republikaner.
Die USA waren unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden der grösste und wichtigste Unterstützer der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. Trump aber droht offen, die Ukraine fallen zu lassen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei nicht an Frieden interessiert, solange die USA militärisch Hilfe leisteten, behauptete Trump zuletzt in einem Post auf seiner Online-Plattform Truth Social, nachdem es mit Selenskyj zu einem Eklat im Oval Office gekommen war.
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Bei dem heftigen Schlagabtausch in der US-Regierungszentrale hatten Trump und sein Vize J.D. Vance Selenskyj mit schweren Vorwürfen überzogen und ihm unter anderem mangelnde Dankbarkeit vorgeworfen.
Der US-Präsident erwähnte gegenüber den Journalisten erneut, Selenskyj solle «mehr Wertschätzung zeigen, denn dieses Land ist mit ihnen durch dick und dünn gegangen». Es sei an der Zeit, dass die USA schlau handelten und der Ukraine nicht einfach ohne Gegenleistung Milliardenhilfen bereitstellten.
Rohstoff-Abkommen tot oder noch möglich?
Trumps Regierung hatte sich in den vergangenen Wochen um ein Rohstoff-Abkommen mit der Ukraine bemüht, bei dem es unter anderem um den US-Zugang zu in der Ukraine lagernden seltenen Erden ging. Bislang hat die ukrainische Regierung aber nicht eingewilligt.
Auf die Frage, ob das Abkommen tot sei oder noch wiederbelebt werden könnte, verwies Trump auf seine anstehende Rede im US-Parlament. In der Schweizer Nacht zu Mittwoch will der 78-Jährige vor beiden Kammern des Kongresses sprechen. Er werde sich dort dazu äussern, stellte er in Aussicht.

Trump hatte Selenskyj zuletzt scharf kritisiert, ihn als «Diktator» und Kriegstreiber beschimpft und seine politische Legitimität infrage gestellt – ebenso wie es zuvor der Kreml getan hatte.
Stattdessen suchte der US-Präsident das Gespräch mit und die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, der den Krieg gegen die Ukraine mit seinem Angriffsbefehl im Februar 2022 begonnen hatte.